Mehr als ein Drittel der Alleinerziehenden in Deutschland führt gemeinsam mit seinen Kindern ein Leben in Armut. Zu diesem schockierenden und traurigen Ergebnis ist der WSI Genderdatenreport der Hans-Böckler-Stiftung gekommen. Für alle diejenigen, die ebenfalls alleinerziehend sind und sich in einer prekären Lage befinden, haben wir zudem am Ende dieses Artikels wichtige Möglichkeiten und Mittel zusammengestellt, die beim Kampf gegen die Armut helfen können!

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Alleinerziehende und Paare im Vergleich

Den Alleinerziehenden wurde in den vergangenen Jahren leider viel zu wenig Beachtung geschenkt. Während Paare staatlich immer wieder aufs Neue gefördert wurden, gerieten die Alleinerziehenden etwas in Vergessenheit – zumindest bis vor Kurzem. Denn wie es scheint, werden nun auch immer mehr Politiker auf die rasant wachsende Bevölkerungsgruppe aufmerksam…

Zum Vergleich: Bei Paaren mit zwei Kindern sind nur 8,5 Prozent in Gefahr, in die Armut abzurutschen. So heißt es in dem WSI-Report. Bei Alleinerziehenden sieht es da allerdings ganz anders als. Der größte Risikofaktor ist dabei, dass sie Beruf und Familie ohne Unterstützung eines Partners stemmen müssen. Zudem haben ihre Kinder einen enorm hohen finanziellen Bedarf.

1,6 Millionen Ein-Eltern-Haushalte gibt es mittlerweile in Deutschland. 35,2 Prozent von ihnen müssen mit einem Einkommen klarkommen, das unterhalb des Stellenwertes für die Armutsgefährdung liegt. Zugrundegelegt wird bei der Berechnung die EU-Definition:

Eine Person gilt dann als armutsgefährdet, wenn ihr Nettoeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung beträgt. Im Jahr 2013 lag dieser Stellenwert für alleinlebende Deutsche bei 979 Euro pro Monat – aufs Jahr gerechnet wären das 11.749 Euro.

Laut Berechnungen des Statistik-Portals „Statista“ sind alleinerziehende Mütter oder Väter mit einem Kind unter 14 Jahren schon mit einem Nettoeinkommen von 1.015 Euro arm. Haben sie zwei Kinder unter 14 Jahren, so liegt die Grenze zur Armut bei 1.250 Euro monatlich.

Unterhaltsreform zieht den Alleinerziehenden das Geld aus der Tasche

Eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung hat nun die verschiedenen Gründe etwas genauer beleuchtet, weshalb so viele Alleinerziehende um ihre Existenz und die ihrer Kinder kämpfen müssen:

Ein besonders schwerwiegender Faktor ist demnach die Unterhaltsreform aus dem Jahr 2008. Nach einer aktuellen Regelung gibt es nämlich kein Geld vom Ex-Partner mehr für die Erziehung des Kindes, wenn dieses älter als drei Jahre ist und zudem eine Betreuungsmöglichkeit verfügbar ist.

Doch es gibt noch weitere Probleme. So zum Beispiel die allgemeine Unterhaltshöhe. Diese reicht häufig nicht aus, um den Alltag mit den Kindern zu bestreiten. In zwei Dritteln der Fälle beträgt die Summe weniger als das Existenzminimum.

Zudem zeigt sich, dass der Unterhalt statistisch auch nur für gerade einmal jedes zweite Kind überwiesen wird. Das hat natürlich extreme finanzielle Engpässe für die betroffenen Alleinerziehenden zur Folge. Ohne eine Hilfe lassen sich solche Einschnitte kaum ausgleichen.

Gleichzeitig zeigen die WSI-Experten aber auch sozialpolitische Auswege aus dem Dilemma auf. Unter anderem verweist das Institut auf den Wegfall des Alterslimits und einen längeren Bezug des Unterhaltsvorschusses. Und tatsächlich: Dank zahlreicher Befürworter wurde der Unterhaltsvorschuss ausgedehnt.

Besonders hart: Der Arbeitsmarkt für Alleinerziehende

Schon seit mehreren Jahren wird über eine angemessene steuerliche Entlastung durch höhere Freibeträge für Alleinerziehende diskutiert. Ebenso wie diese sollte allerdings auch das Thema „Arbeitsplatz“ etwas intensiver behandelt werden.

Die WSI-Forscherin Christina Klenner sieht hier vor allem die Arbeitgeber in der Pflicht. Sie fordert, dass Unternehmen den Single-Eltern ermöglichen sollten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Zum Beispiel durch familienfreundlichere Arbeitsmodelle oder auch Teilzeitanstellungen, die zumindest fast auf ein Vollzeitniveau kommen.

Aktuell haben es die Alleinerziehenden auf dem deutschen Arbeitsmarkt noch sehr schwer. Der Arbeitsmarkt von heute fordert immer mehr Flexibilität – klar, dass man die mit einem oder gleich mehreren Kindern einfach nicht haben kann. Gerade Alleinerziehende mit Kindern unter drei Jahren haben somit kaum die Chance, im Bewerbungsgespräch zu glänzen.

Laut der Untersuchung „Alleinerziehende in Deutschland“ des Bundesfamilienministeriums verhindern insbesondere fehlende Betreuungsmöglichkeiten und passende Arbeitsangebote den Jobeinstieg für die Single-Eltern.

Es ist ein einziger Teufelskreis. Denn ohne einen Arbeitsplatz steigt auch die Gefahr, in die Armut abzurutschen – und zwar um das Zehnfache! Die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden mit Vollzeitjob beträgt laut dem Ministerium rund 5,2 Prozent. Bei den Erwerbslosen unter den Alleinerziehenden steigt der Wert auf unglaubliche 52 Prozent!

Auch mit Job ein knallhartes Leben

Leider ist eine Arbeitsstelle noch lange nicht die Lösung aller Probleme im Leben der Alleinerziehenden. Denn auch mit einer Arbeitsstelle reicht es bei vielen Betroffenen nicht für ein sorgenloses Leben.

Da spielt unter anderem auch die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Job eine wichtige Rolle. Für alleinerziehende Mütter ist das somit gleich doppelt tragisch. Sie bekommen im Schnitt noch immer ein Viertel weniger Gehalt als Männer für eine vergleichbare Arbeit.

Ein Drittel der weiblichen Alleinerziehenden verdiene sogar nur 900 Euro im Monat, „ weil viele Frauen im Einzelhandel und im Gastgewerbe arbeiten“, so zitierte die „Zeit“ Mareike Richter, die Projektleiterin bei Deutschen Gewerkschaftsbund DGB.

40 Prozent auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen

Etwa 40 Prozent der Alleinerziehenden seien auf staatliche Finanzzuschüsse angewiesen. Bedenkt man, dass damit beinahe jeder zweite Alleinerziehende betroffen ist, wird einem das Drama bewusst, dass sich hierzulande zur Zeit abspielt. In absoluten Zahlen bedeutet das: Mehr als 620.000 Haushalte der Alleinerziehenden benötigen die staatliche Grundsicherung.

Bei solch immensen finanziellen Lücken helfen die überschaubaren Kindergeld-Erhöhungen natürlich nicht weiter. Insbesondere dann nicht, wenn die staatliche Unterstützung auf das Kindergeld angerechnet wird.

Eine mögliche Lösung könnte die Einführung einer Kindergrundsicherung sein, wie sie der Deutsche Kinderschutzbund schon seit längerem fordert. Hierbei könnte das Kindergeld durch eine Kindergrundsicherung von etwa 530 Euro monatlich ersetzt werden – diese Leistung sollte sich zudem am steuerlichen Existenzminimum orientieren.

Durch die Besteuerung schmelze die Kindergrundsicherung je nach Einkommen der Eltern ab, so erklären Experten. Auf diese Weise würden Familien mit weniger Einkommen mehr Geld bekommen. Haushalte, die ohnehin einen höheren Verdienst hätten, würden weiterhin wie bisher entlastet werden.

Wichtige Grundregeln, um nicht in die Armutsfalle zu tappen

Antje Asmus, wissenschaftliche Referentin des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV), rät den Alleinerziehenden, sich schon vor einer Trennung oder gar Scheidung von einem Fachanwalt beraten zu lassen.

Wichtiger Tipp: Die Kosten für einen Anwalt müssen Mütter mit geringem Einkommen nicht selbst tragen! Sie können einen Beratungshilfeschein beim Amtsgericht beantragen!

Eine weitere gute Anlaufstelle für die unterschiedlichsten Fragen zum Thema Unterhalt ist zudem das Jugendamt. Dieses kann eine sogenannte Beistandschaft stellen. Der Beistand ermittelt unter anderem die Höhe des Unterhalts und kann außerdem helfen, durch Gespräche mit allen Beteiligten eine Einigung zu erreichen.

Sollte es zu Konflikten können, kann der Beistand das Kind sogar in einem gerichtlichen Unterhaltsverfahren vertreten.

Das können Sie tun, wenn Sie bereits finanzielle Not leiden

Sollten sich Alleinerziehende bereits in einer bedrohlichen finanziellen Schieflache befinden, sollten sie unter Umständen eine Schuldnerberatung in Betracht ziehen. Hierdurch gewinnt man einen besseren Überblick über die eigene finanzielle Situation und kann zudem seine Finanzen deutlich aufbessern.

Auch hier hilft der Alleinerziehenden-Verband mit nützlichen Kontakten und praktischer Unterstützung. Single-Eltern sollten diese unbedingt darauf hinweisen, dass sie auf der Suche nach einem existenzsichernden Arbeitsplatz sind und eine solide Perspektive benötigen. Oder aber man sagt, dass man eine Ausbildung benötigt, die in familienfreundlicher Teilzeit ausgestaltet ist.

Sollten Schwierigkeiten beim Jobcenter auftauchen, lohnt es sich zudem, die dortige Beauftragte für Chancengleichheit einzuschalten. Sie kennt sich mit den speziellen Bedürfnissen der Frauen aus.

Kontakt zu anderen Single-Eltern

Zudem können Alleinerziehende durch den VAMV auch Kontakt mit anderen Single-Eltern aufnehmen. Solche Kontakte sind nicht für für das Sozialleben wichtig, sondern auch, um sich über wichtige Tipps oder gemachte Erfahrungen auszutauschen.

Bildquelle: © dmitrimaruta – Fotolia.com

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