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Bislang galt: Tritt eine Behinderung vor dem 25. Lebensjahr des Kindes auf, können Eltern lebenslang Kindergeld beziehen. Nach aktueller Rechtsprechung gilt das auch für eine später auftretende Behinderung.

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Urteil zum Kindergeldbezug

Das Finanzgericht Köln hat Anfang des Jahres entschieden, dass Eltern künftig auch dann für ihr behindertes Kind Kindergeld beziehen können, wenn die Behinderung erst nach dem 25. Lebensjahr aufgetreten ist. Damit entschied das Finanzgericht Köln zugunsten eines Vaters, dessen Kindergeldantrag von der Familienkasse abgelehnt wurde, weil die Behinderung bei seiner Tochter erst mit 30 Jahren festgestellt wurde.

Vater klagt für seine behinderte Tochter

Im verhandelten Fall klagte ein Vater auf Kindergeld für seine mittlerweile über 40-jährige Tochter, die aufgrund ihrer Behinderung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht. Der Grund: Die Tochter leidet an erblich bedingter Myotoner Dystrophie – eine Muskelerkrankung, bei der die Muskelkraft nach und nach schwindet. Erst nach dem 30. Geburtstag trat die Behinderung bei der Frau auf.

Zuvor hatte sie als gelernte Bürokauffrau selber ihren Lebensunterhalt verdient. Schon zehn Jahre nach der Diagnose war sie 100 % schwerbehindert.

Zur Urteilsbegründung

Die Richter aus Köln gaben dem Vater recht, denn es käme nicht auf die Kenntnis der Behinderung an, sondern auch den Befund der Erbkrankheit. Obwohl die Behinderung bei der Tochter erst mit 30 Jahren auftrat, sei sie „unstreitig seit ihrer Geburt“ erkrankt, da „es sich um einen angeborenen Gendefekt handelt“.

Weiterhin sei es unerheblich, dass die Tochter vor erreichen der Altersgrenze von heute 25 Jahren (früher 27 Jahre) ihren Lebensunterhalt eigenständig verdiente. Das Gesetz sieht keine Voraussetzung darin, dass der Betroffene auch diesbezüglich unvermögen sein muss.

Kindergeldregelungen für Kinder mit Behinderung

Grundsätzlich zahlt die Familienkasse Kindergeld für Kinder bis zur Volljährigkeit. Sind sie darüber hinaus in einer Ausbildung oder absolvieren ein Studium, haben sie bis maximal 25 Jahre Anspruch auf Kindergeld.

Für Kinder mit Behinderung wird das Kindergeld über das 18. bzw. das 25. Lebensjahr hinausgezahlt, sofern sie nicht eigenständig für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Weiterhin musste bislang die Behinderung vor dem vollendeten 25. Lebensjahr festgestellt werden.

Nach aktueller Rechtsprechung liegt eine Behinderung dann vor, wenn körperliche Funktionen, geistige Fähigkeiten und die seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und dadurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist.

Während akute Krankheiten, die als von kurzer Dauer einzuschätzen sind, nicht als Behinderung gelten, können nach Urteilsspruch vom Bundesfinanzhof auch durch Suchtkrankheiten (Drogenabhängigkeit, Alkoholismus) Behinderung auftreten, die im Rahmen des Kindergeldanspruchs zu berücksichtigen sind.

Unvermögen, selbst den Lebensbedarf zu decken

Zentraler „Knackpunkt“ ist die Fähigkeit oder Unfähigkeit des Kindes, den notwendigen Lebensbedarf vollständig eigenständig zu decken. Denn es ist durchaus möglich, dass ein Betroffener trotz Behinderung berufstätig ist und seinen Lebensunterhalt verdient.

Zu beachten ist: Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, muss nicht zwingend vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein, um Anspruch auf Kindergeld zu haben.

Bildquelle: © Olesia Bilkei – Fotolia.com

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