Es scheint: In Sachen Mittagsschlaf sind uns Deutschen viele Länder voraus. Während bei unseren südeuropäischen Nachbarn Spanien und Italien ganz selbstverständlich zur Mittagsstunde Siesta gehalten wird, haben andere Nationen wie die USA und China auf der beruflichen Ebene Platz für ein Schläfchen geschaffen – in Form von Ruheräumen. Nur die Deutschen scheinen sich aus dem so wertvollen Mittagsschlaf nicht viel zu machen. Dabei ist er nicht nur gut für die Gesundheit, sondern auch für die Karriere.

Mittags eine Runde schlafen

Viele Menschen verspüren gegen Mittag eine leichte Müdigkeit. Während Babys, Kleinkinder und Senioren sich dann für einige Zeit ins Bett legen, muss die arbeitende Bevölkerung tapfer durchhalten und auf den wohlverdienten Feierabend warten. Entgegen allgemeiner Vermutungen hat die Mittagsmüdigkeit aber nichts mit einem üppigen Essen aus der Kantine zu tun, sondern liegt  vielmehr in der Natur des Menschen.

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Unabhängig von Art und Umfang des Mittagessen wird der Mensch etwa sieben Stunden nach dem Aufstehen müde. Er erlebt ein sogenanntes Mittagstief, welches durch eine Mahlzeit lediglich früher eintritt. Angenommen man steht um 7 Uhr in der Früh auf, tritt das natürliche Mittagstief gegen 14 Uhr ein. Mit Mittagessen etwa bereits gegen 13 Uhr.

Die innere Uhr beachten, den Wecker aber auf 20 Minuten stellen

Müssen Körper und Gehirn nicht nur „arbeiten“, sondern auch noch gegen die Müdigkeit ankämpfen, führt das schnell zu Erschöpfung, Anspannung und Stress. Und Stress bedeutet wiederum für den Körper und Geist nichts Gutes: Erhöhter Puls, Unruhe, hohe Atemfrequenz, Unkonzentriertheit. Im Schlaf kann sich der Körper hingegen beruhigen, die Atmung verlangsamt, der Herzschlag wird ruhiger, die Sauerstoff-Versorgung verbessert sich.

In einer Studie fand man heraus, dass Menschen, die mittags kurze Zeit schlafen, weniger Herz-Kreislauf-Probleme haben. Zwar wurde ein direkter Zusammenhang zwischen dem körperlichen Gesundheitszustand und dem Mittagsschlaf nicht bewiesen; geschadet hat Schlaf aber noch niemandem. Einschätzungen zufolge steigt die Leistungsfähigkeit nach einem Mittagsschlaf um 27 Prozent.

Obwohl eine Studie der Universität Cambridge am guten Ruf des Mittagsschlafs rütteln will – Forscher fanden heraus, dass ein höheres Sterberisiko besteht, wenn man mittags schlafen muss (allerdings aufgrund einer bis dahin unentdeckten Krankheit und länger als eine Stunde) – sind einige Minuten Ruhe nach Bedarf nicht gesundheitsgefährdend.

Es ist nur ratsam auf die eigene innere Uhr zu achten. Wer es sich leisten kann, einen kleinen Powernap zu machen, sollte dies tun. Wichtig ist, dass es tatsächlich beim Powernap – Schlummern, um Energie zu tanken – bleibt. Das bedeutet: Nicht länger als 20 Minuten zu schlafen. Das liegt daran, dass der Mensch nach etwa 20 Minuten in die Tiefschlafphase gleitet. Je tiefer man in die Schlafphasen sinkt (sie kehren zyklisch mehre Male pro Nacht wieder), umso schwieriger wird das Erwachen.

Wer also in der Tiefschlafphase geweckt wird, bekommt deutlich größere Schwierigkeiten wieder in den Arbeitsalltag zu finden. Bis zu 20 Minuten Mittagsschlaf sind ideal. Man kann sich entweder von Kollegen oder dem Handy-Wecker sanft wachrütteln lassen oder aber einfach dem berühmten spanischen Maler Salvador Dali folgen: Dieser setzte sich mit einem Löffel in der Hand in einen Sessel und machte ein kurzes Schläfchen. Erschlaffte die Muskulatur, ein Zeichen für einen tief werdenden Schlaf, fiel der Löffel zu Boden und Dali erwachte genau zur richtigen Zeit.

Impulse für die Arbeitswelt

Die Rechnung ist relativ simpel: Wer mittags (nach Bedarf) ein kurzes Schläfchen hält, ist weniger gestresst, was den Arbeitnehmer kurzfristig fitter und produktiver macht. Auf lange Sicht gesehen besteht sogar die Möglichkeit, weniger häufig Ausfälle aufgrund von Depressionen, Stress oder Burnout zu verzeichnen.

Und selbst unabhängig von den langfristigen Vorteilen ist ein fitter Arbeitgeber deutlich wertvoller für ein Unternehmen als sein müder Kollege. Ähnlich wie bei Erkältungen oder Infekten arbeitet ein gesunder Mitarbeiter effizienter, sicherer und produziert weniger Fehler, die das Unternehmen teuer zu stehen kommen können. Warum also nehmen sich deutsche Arbeitgeber kein Beispiel an ausländischen „Kollegen“, die ihren Mitarbeitern die Möglichkeiten zum Powernap bieten?

In den USA wird der Powernap beispielsweise seit vielen Jahren in Unternehmen zur Mittagsstunde gemacht. Arbeitgeber wie Google – ohnehin ein Vorreiter in Sachen Arbeitsweise – haben die Bedeutung des Schlafes für die Produktivität ihrer Mitarbeiter erkannt und bieten ihnen verschiedene Schlafstätten zur Auswahl: Hängematte, Sessel oder Sofa stehen für ein Nickerchen bereit. In Japan etwa hat man Ruheräume mit entsprechend gemütlichen Sesseln eingerichtet, in denen Mitarbeiter, Sekretärinnen und Manager nebeneinander dösen und neue Energie tanken.

Hat Deutschland in diesem Punkt einfach geschlafen? Hierzulande gilt man immer noch als faul, wer mittags müde wird und ein Nickerchen benötigt. Aufgeweckte Typen, die trotz Müdigkeit standfest bleiben und die Arbeit erledigen, werden für ihre Leistung hingegen bewundert. Schlafen soll man Zuhause, nicht aber auf der Arbeit. Vorreiter, wie die Stadtverwaltung Vechta, die ihren Beamten zusätzlich 20 Minuten Mittagszeit einräumte, erhielten Spott und Häme.

Schließlich wurde man dem Klischee des „nichts tuenden Beamten“ in gewisser Form gerecht. Allerdings ist das Personal in der Behörde deutlich produktiver und erledigt Aufgaben mit weniger Mitarbeitern als in anderen Stadtverwaltungen. Es ist also eine Frage der Arbeitskultur, dass in Deutschland der Mittagsschlaf nicht so weit verbreitet ist wie in anderen Ländern. Es sollte jedoch eine Frage der Unternehmenskultur sein, dass Mitarbeiter erholt, fit und ausgeschlafen sind.

Arbeitgeber müssen sich nicht am Beispiel Google messen lassen, können jedoch mit einer etwas längeren Mittagspause oder Napping-Kursen wie beim Unternehmen BASF einen ersten Schritt Richtung Produktivitätssteigerung machen. Und lässt sich die Geschäftsleitung nicht zum Mittagsschlaf überreden, sollte man sich wenigstens zwei oder drei Minuten Zeit nehmen, die Augen schließen, tief durchatmen und versuchen am Arbeitsplatz zu entspannen.

Bildquelle: © Dan Race – Fotolia.com

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