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Aus dem Bett aussteigen, sich anziehen, Körperpflege, kochen und essen: Nach einem schweren Unfall oder einer erheblichen Erkrankung kann man viele Dinge im Alltag nicht mehr selber bewerkstelligen. Man benötigt Hilfe von anderen Personen – Verwandten oder professionellen Pflegern. Wer im Pflegefall Leistungen von der Pflegeversicherung erhalten möchte, muss eine Pflegestufe beantragen. In diesem Artikel erläutern wir wie Sie die Pflegestufe richtig beantragen – unter anderem indem Sie bestimmte Fehler bei der Beantragung vermeiden.

Übersicht:

  • Einleitung
  • Pflegestufen
  • Voraussetzungen
  • Pflegestufe richtig beantragen
  • Wichtige Punkte / Fehler vermeiden

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Einleitung

Eine Pflegebedürftigkeit kann schneller kommen als viele Menschen glauben mögen. Der Unfall mit dem Auto, ein Schlaganfall oder Altersschwäche: Dies sind nur einige Gründe, warum Menschen auf die Pflege durch andere Personen angewiesen sein können.

Je nach familiärer und persönlicher Situation können sich Pflegebedürftige durch Verwandte oder eine professionelle Pflegekraft im häuslichen Umfeld helfen lassen. Dies ist dann sinnvoll, wenn bestimmte Aufgaben im Alltag nicht mehr einwandfrei oder gar nicht zu bewerkstelligen sind. Dazu zählt zum Beispiel das An- und Ausziehen, die Körperpflege, die Haushaltsreinigung, das Einkaufen und Kochen sowie das Essen.

Diese Pflegestufen gibt es

Je nach Grad der Beeinträchtigung im Alltag wird man in eine Pflegestufe eingestuft, die es bei der Pflegeversicherung zu beantragen gilt. Denn zwar kann man Anspruch auf die Leistungen haben.

Sie werden aber nicht automatisch geleistet, sobald eine (scheinbare) Pflegebedürftigkeit eintritt. Diese wird von der Pflegeversicherung geprüft, auch welche Pflegestufe die passende ist. Nach dem Bundesministerium für Gesundheit wird die Schwere der Pflegebedürftigkeit in drei Stufen geteilt. Mehr erfahren

Pflegestufe I (Erhebliche Pflegebedürftigkeit)

Personen, die Hilfe bei „mindestens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen der Grundpflege“ (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) benötigen. Die Unterstützung durch eine Person ist mindestens einmal am Tag erforderlich sowie zusätzlich mehrfach in der Woche für die häusliche Versorgung. Zeitlicher Aufwand: Mindestens 45 Minuten pro Tag für die Grundpflege und weitere 45 Minuten für andere Versorgung.

Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit)

In die Pflegestufe II werden Personen eingestuft, die mindestens dreimal am Tag Hilfe bei der Grundpflege benötigen sowie zusätzlich mehrmals in der Woche Unterstützung für die häusliche Versorgung benötigen. Zeitlicher Aufwand: Im Tagesdurchschnitt werden zwei Stunden für die Grundpflege und eine Stunde für andere Arbeiten eingeplant.

Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftigkeit)

Die Pflegebedürftigkeit in der Pflegestufe III umfasst Tag und Nacht – laut Bundesministerium für Gesundheit „rund um die Uhr“ Unterstützung für die Grundpflege und häusliche Versorgung. Allerdings liegt der zeitliche Mindestaufwand in der Pflegestufe III bei fünf Stunden im Tagesdurchschnitt, wobei mindestens vier Stunden auf die Grundpflege entfallen.

Keine Regel ohne Ausnahme: Der Härtefall

Die Härtefallregelung tritt dann ein, wenn die Anforderungen für die Pflegestufe III erfüllt wurden, der pflegerische Aufwand pro Tag allerdings „außergewöhnlich hoch“ ist. Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn der zeitliche Aufwand bei mindestens sechs Stunden pro Tag liegt, wobei mindestens dreimal pro Tag Hilfe erforderlich ist.

Außerdem gilt die Voraussetzung für die Härtefallregelung als erfüllt, wenn die Grundpflege nicht mehr von einer Person allein bewerkstelligt werden kann, sondern mindestens eine weitere Pflegeperson benötigt wird.

Grundvoraussetzung für die Bewilligung

Um einen Anspruch auf die Leistungen der Pflegeversicherung zu haben, muss man zunächst pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenkasse sein, da diese automatisch der Träger für die Pflegeversicherung ist. Der Versicherungsstand gilt auch für alle freiwillig Versicherten in der gesetzlichen Krankenkasse.

Personen, die sich privat versichern, müssen neben der privaten Krankenversicherung zusätzlich eine private Pflegeversicherung abschließen. Wer innerhalb der letzten zehn Jahr mindestens zwei Jahre in der Pflegeversicherung versichert war, hat die Vorversicherungszeit und damit eine weitere Bedingung für die Bewilligung der Pflegestufe erfüllt.

Eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung besteht weiterhin nur dann, wenn es sich um einen dauerhaften Zustand handelt – im Gegensatz zu einer akuten Erkrankung oder Verletzung. Als dauerhaft gilt meist die Dauer von sechs Monaten, selbst wenn die Pflegebedürftigkeit nach dieser Zeit nicht mehr besteht.

So beantragen Sie die Pflegestufe richtig

Der Antrag auf eine Pflegestufe ist grundsätzlich formlos möglich. Das bedeutet, man kann die Pflegeversicherung per Telefon, E-Mail oder Brief zum Antrag auf eine Pflegestufe informieren. Der schriftliche Weg ist in jedem Fall der sinnvollste, da man bei möglichen Komplikationen bei der Bewilligung oder ähnlichem Dokumente vorlegen kann.

Das Antragsformular muss bei der jeweiligen Pflegekasse angefragt werden, entweder in schriftlicher formloser Form („Hiermit beantrage ich die Leistungen der Pflegeversicherung und bitte im kurzfristige Begutachtung“) oder als Download auf der jeweiligen Internetseite.

Wichtig: Jede Pflegekasse hat ein eigenes Formular, es reicht daher nicht einfach einen Antrag auszufüllen, den man im Internet findet. Es muss das richtige sein.

Nachdem der Antrag ausgefüllt, von der pflegebedürftigen oder pflegenden Person, an die Krankenkasse zurückgeschickt wurde, gilt es auf den Termin des Gutachters zu warten, der die Pflegebedürftigkeit feststellt. Die Beurteilung wird von einem Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) durchgeführt und sollte spätestens fünf Wochen nach der formlosen Antragstellung zu einem Ergebnis geführt haben.

Nach Erhalt des Bescheides wird man entweder als nicht pflegebedürftig, als pflegebedürftig oder in eine nicht passende Pflegestufe eingestuft. Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Pflegestufe zu niedrig angesetzt wurde, können Sie innerhalb von einem Monat ab Erhalt des Bescheides schriftlich einen Widerspruch belegen. Wichtig ist, dass Sie hier genau begründen, warum eine höhere Pflegestufe benötigt wird.

Übrigens: Unterstützung bieten Verbände wie die Caritas oder Arbeiterwohlfahrt, wenn eine Pflegestufe nicht richtig erteilt wurde.

Diese Fehler sollten Sie vermeiden

Bei der Beantragung einer Pflegestufe gibt es gewisse Dinge zu beachten bzw. Fehler, die man vermeiden sollte. Wir haben diese Punkte hier noch einmal für Sie aufgelistet:

  • Die Leistungen der Pflegeversicherung erfolgen nicht rückwirkend, sondern nur bis zum Zeitpunkt der Antragstellung. Stellen Sie den Antrag demnach dann, wenn eine mögliche Pflegebedürftigkeit von mindestens sechs Monaten besteht.
  • Wird zwischen Antragstellung und Bewilligung eine Pflegekraft benötigt, dann müssen die Kosten hierfür zunächst selbst übernommen werden. Die Pflegeversicherung übernimmt die Kosten allerdings bei Bewilligung einer Pflegestufe rückwirkend bis zum Zeitpunkt der Antragstellung.
  • Das Formular sollte gewissenhaft und korrekt ausgefüllt werden. Wenn dies alleine nicht zu bewerkstelligen ist, kann man sich im Zweifelsfalls Hilfe vom ambulanten Pflegedienst holen.
  • Sammeln Sie für die Begutachtung Dokumente, ärztliche Schreiben und Röntgenbilder, die die Pflegebedürftigkeit verdeutlichen.
  • Wenn der Gutachter vor Ort ist, zeigen Sie keine falsche Zurückhaltung. Zwar sind einige Themen wie Inkontinenz sehr intim und für viele Personen unangenehm. Sie gegenüber des Gutachters allerdings nicht zu erwähnen, könnte eine Ablehnung oder falsche Pflegestufe zum Ergebnis haben. Auch sollte man sein eigenes Können, im Alltag Dinge erledigen zu können, nicht überschätzen.
  • Wird man nicht durch einen Gutachter, sondern nach Aktenlage in eine Pflegestufe eingestuft, muss eine genaue Dokumentation des Krankheitszustandes erfolgen. Wann wie lange und in welchem Maße man erkrankt ist, Röntgenbilder, Atteste, Schreiben vom Arzt, medizinisches Gutachten und Befunde: All dies kann hilfreich sein.
  • Hilfreich ist ein Pflegetagebuch, dass pflegende Verwandte oder Pflegekräfte für mindestens zwei Wochen führen sollten. Darin sollten alle Punkte aufgelistet werden, mit Zeitpunkt und Umfang, die der pflegebedürftigen Person im Alltag schwer fallen. Achten Sie auch auf scheinbar unwichtige Dinge wie das Anreichen eines Wasserglases oder das Zuschneiden von Speisen.
  • Wichtig ist, dass im Pflegetagebuch nicht nur aufgeführt wird, dass die Person Probleme beim An- und Ausziehen oder Kochen hat, sondern welche Art von Schwierigkeiten genau vorliegen: Man kommt nicht allein in eine Hose, man kann nur den Knopf nicht alleine schließen oder man schafft es überhaupt nicht Kleidung aus dem Schrank zu nehmen. Kleinigkeiten sind im Zusammenhang mit der Bewilligung der Pflegestufe von hoher Bedeutung.
  • Keine Angst für dem Prüfer: Wer sich in Gegenwart des Gutachters besonders tapfer halten will, tut sich am Ende des Tages nichts Gutes. Die pflegebedürftige Person sollte sich nach Möglichkeit so normal wie möglich verhalten.

Übrigens: Wer sich unsicher ist, was das Ausfüllen des Antrags oder das Gutachten angeht, kann sich im Vorfeld mit Verbänden in Verbindung setzen, die hierzu oftmals kostenlos beraten oder unterstützen.

Bildquelle: © Robert Kneschke – Fotolia.com

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