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Beschimpft und pauschal als faul und nutzlos abgestempelt: „Sie faulenzen auf unsere Kosten!“, wird ihnen hinterher geschimpft. Wie schlimm sich viele Hartz-IV-Empfänger tatsächlich in ihrer Situation fühlen, kann kaum jemand nachempfinden. Und kaum jemand weiß, dass die Anzahl der Hartz-IV-Empfänger mittlerweile gemessen an der deutschen Bevölkerungen ganze 7,7 Prozent ausmacht! Wie aber fühlt es wirklich an, auf das Existenzminimum angewiesen zu sein?

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„Die faulen Hartz-IV-Empfänger!“

Hauptsache, man hat etwas, auf das man selbst herunter blicken kann: Was sich dramatisch und unmenschlich anhört, ist in Wahrheit leider die traurige Realität und ein Spiegel dessen, was im Inneren vieler Menschen vor sich geht, die auf die Hartz-IV-Empfänger schimpfen. Es ist eine sehr einfache und primitive From davon, sich über etwas zu beschweren. Doch sie ist nunmal tief im Menschen verankert. Man muss sich eben über etwas aufregen können, nicht wahr?

Dank unserer Medienlandschaft schafft man es auch immer wieder, den typischen Hartz-IV-Empfänger wie einen Vollidioten dastehen zulassen, der mit Absicht nicht arbeitet und jedes Jobangebot der Arbeitsagentur abschlägt, um weiterhin auf Kosten der anderen leben zu können. Es ist ein ziemlich einfaches Bild der Realität, das keinen Platz für Ausnahmen bereithält. Die Klatschblätter haben es geschafft, dass das ganze Land auf den Arbeitslosen herumtrampelt.

Arbeitslosigkeit in Deutschland: So sieht es wirklich aus!

Auf etwas herunter zu schimpfen ist ziemlich einfach. Vor allem dann, wenn man selbst nie wirklich in einer vergleichbaren Situation gesteckt hat. Tatsächlich ist die Zahl der Hartz-IV-Empfänger in Deutschland extrem hoch. Ganze 7,7 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung beziehen aktuell (Stand 2016) das Arbeitslosengeld II. Das bedeutet, dass rund 4,3 Millionen Menschen vom Existenzminimum leben müssen – so gesehen also jeder Zwanzigste!

Und dabei werden aus diesen Zahlen noch kranke Arbeitslose, Rentner mit zu geringer Rente und weitere Spezialfälle von der Agentur für Arbeit einfach heraus gerechnet. Sie zählen „hochoffiziell“ nicht als Arbeitslose. Jahr für Jahr soll die Zahl der Arbeitslosen angeblich sinken. Das Land jubelt und schimpft dabei weiterhin auf diejenigen, die es anscheinend immer noch nicht geschafft haben, sich einen Job zu suchen.

Was tatsächlich passiert, ist absurd. Denn in Wirklichkeit denkt sich die Agentur für Arbeit jedes Jahr weitere Möglichkeiten aus, wie man noch mehr Arbeitslose zu „Nicht-Arbeitslosen“ machen kann, damit die Statistik noch schöner aussieht. Die Wahrheit ist also, dass wir belogen werden. Uns werden geschönte Zahlen vorgelegt und angepriesen, die nicht einmal annähernd die Realität widerspiegeln.

Wie fühlt es sich an, von Hartz IV zu leben?

Für Personen, die noch nie Hartz IV beziehen mussten, sieht das Leben ziemlich einfach aus. Man geht zur Ausbildung oder macht sein Studium, bewirbt sich und bekommt einen Job. Durch diesen ziemlich einfachen Lebensweg haben entsprechend Personen allerdings nie die andere Seite Deutschlands kennengelernt.

Sie wissen nicht, wie es ist, plötzlich auf Hartz-IV abzurutschen und in einer scheinbaren Endlos-Spirale mit den Ämtern zu stecken. Sie können sich auch in keiner Weise vorstellen, wie es ist, vor Hartz IV zu leben und von der Gesellschaft als Hartz-IV-Empfänger abgestempelt zu werden.

Interessant: Bei der Heidelberger Aktionswoche gegen Armut kam es zu einem interessanten Selbstversuch. Es sollte geprüft werden, wie es ist, eine Woche lang vom Hartz-IV-Regelsatz zu leben.

Man bedenke: Es ging hier lediglich um eine einzige Woche – dieser Woche spiegelt natürlich noch lange nicht wieder, wie es ist, sich dauerhaft im Existenzminimum zu befinden! Allein der Umstand, zu wissen, dass es sich nur um ein einwöchiges Experiment handelt, verharmlost das Ganze bereits gewaltig. Schließlich weiß kaum ein Hartz-IV-Empfänger, ob er es jemals wieder in ein normales Leben zurück schaffen kann!

Der Selbstversuch: Eine Woche in Armut

In einem Selbstversuch hatten Bürger aus Heidelberg ausprobiert, wie die Realität eines Hartz-IV-Empfängers aussieht. Für eine ganze Woche hatte man in dem Experiment nur 92,15 Euro zur Verfügung.

Zur Erklärung: Der Regelsatz beschreibt ein sogenanntes Existenzminimum. Das bedeutet, dass der Regelsatz von einer Expertengruppe genau kalkuliert und später Gesetzlich beschlossen wurde. Die 92,15 Euro pro Woche setzen sich hierbei zusammen aus 32,71 für Lebensmittel und Getränke. Für Kultur und Freizeit hat man 10,17 Euro zur Verfügung. Für die Nachrichtenübermittlung bleiben 8,14 Euro (Telefon und Internet). Dann hat man noch 7,74 Euro für Schuhe und Bekleidung.

Nun werden wieder viele sagen: Natürlich kommt man mit dem Geld hin. Richtig, man kommt zwar damit hin, doch wirklich etwas vom Leben hat man nicht. Und selbst dann, wenn es wenigstens für das eigene Überleben ausreicht: Wer sich mal Besuch ins Haus einladen möchte, um diesen zu bewirten (wie es sich eben mit gutem Anstand gehört) kann das mit so wenig Geld nicht machen. Selbst beim Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt wird man sich sicher zweimal überlegen, ob man nicht lieber drauf verzichtet.

Das wahre Problem von Hartz IV

Es geht nicht darum, dass man vom Regelsatz nicht leben kann. Sondern darum, was der Regelsatz mit einem macht. Da man wenig Geld hat, spart man das Geld und isoliert sich. Wir erinnern uns: Man kann seinen Gästen kaum etwas Vernünftiges anbieten, man kann nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen (Freizeit, Kino, Kneipenabende, Feiern, Theater, etc.). Die Folge ist, dass sich viele Empfänger von Hartz IV zunehmend isolieren.

Hinzu kommt, dass man ungern über die eigene Arbeit spricht beziehungsweise über das, was man so macht. Denn faktisch ist man arbeitslos und ein Hobby kann man sich kaum leisten. Noch schlimmer ist, dass man sich mit dem Outing, Hartz-IV-Empfänger zu sein, sogar bei vielen Leuten unbeliebt macht, da schließlich allgemein so ein schlechtes Bild herrscht.

Schwindendes Selbstwertgefühl

Das Ganze steigert sich zu einer Abwärtsspirale heran. Man zieht sich zurück, fühlt sich minderwertig, die Jobsuche ist frustrierend, da man häufig wie das Letzte behandelt wird, und so weiter… Es ist ein Teufelskreis, der seine Schlingen immer enger und enger zieht.

Natürlich ist das auch nicht immer so. Es gibt viele Hartz-IV-Bezieher, die mit ihrer Situation sehr gut zurechtkommen und tapfer ihren Alltag bestreiten. Doch leider gilt das längst nicht für alle.

Zur Info: Auch das Vorurteil, dass Hartz-IV-Empfänger „dumm“ seien, hält sich dank unserer wunderbaren Medienlandschaft weiterhin aufrecht. Die Wahrheit ist, dass es Tausende studierter Personen gibt, die aufgrund der mauen Jobmöglichkeiten ebenfalls von der Sozialhilfe leben müssen… und das mit Sicherheit nicht, weil sie zu faul oder zu ungebildet sind!

Was wir tun sollten

Viele Bezieher von Hartz IV haben es ohnehin schon schwer genug. Die Personen, denen es besser geht, sollten es den Sozialhilfebedürftigen nicht noch schwerer machen. Es ist ziemlich simpel, das zu glauben, was einem die Medien in den Schlagzeilen präsentierten.

Und für die, die sich für besonders schlau halten: Es geht auch in den großen Verlagshäusern ums Geld. Die Medien richten sich mit ihren Schlagzeilen danach, womit sie mehr Zeitungen verkaufen. Im Internet geht es natürlich dann um Klicks. Und was funktioniert besser: Der vorbildliche Hartz-IV-Empfänger, der jedes mal brav die Ämter besucht, aber keinen Job bekommt, oder der Schmarotzer, der sich ins Fäustchen lacht, weil er Jahr für Jahr auf der faulen Haut liegen kann?

Sie glauben immer noch, dass Ihre persönliche Meinung nicht von den Schlagzeilen und der Klickgeilheit der Medien beeinflusst wird? Fangen Sie lieber an, an den Weihnachtsmann zu glauben…

Eine schwere Zukunft

Deutschland steht vor einem großen Problem und die Bevölkerung weiß nichts davon. Immer mehr Menschen geht es immer schlechter. Anstatt sich über die „Faulen“ aufzuregen sollte man sich lieber an die Politik wenden, die in den letzten Jahre für das heutige Bild Deutschlands gesorgt hat.

Niemand scheint zu bemerken, dass das Volk gegen sich selbst aufgehetzt wurde. Und während alle damit beschäftigt sind, die Menschen, die eine Ebene unter ihnen stehen, zu beschimpfen, verabschieden Politiker weiterhin Gesetze, die zum Wohl der Konzerne und Großbanken und gegen das Wohl der Bevölkerung sind.

Es wird Zeit, die eigene Wut nicht gegen die Mitmenschen einzusetzen, sondern gegen schlechte Politik und einige karrierefokussierte Politiker, die die Bevölkerung zum Narren halten.

Bildquelle: © Kurhan – Fotolia.com

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