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In Europa werden immer mehr Kinder unehelich geboren. Ist das Anlass zur Sorge? Nein, findet Sozialforscher Sebastian Klüsener vom Rostocker Max-Planck-Institut für demographische Forschung. Es sei im Gegenteil ein gutes Zeichen.

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Uneheliche Kinder als Gradmesser zur Gleichstellung der Frau

Sebastian Klüsener ist der Auffassung, dass es in Staaten mit einer gleichberechtigten Stellung der Frau mehr uneheliche Kinder gibt. Die Gleichberechtigung von Frauen trägt zu deren finanzieller Unabhängigkeit entscheidend bei. Steht eine Frau wirtschaftlich auf eigenen Füßen, muss sie nicht heiraten, um besser abgesichert zu sein. Sie kann sich uneheliche Kinder leisten.

Als Beispiele führt der Sozialforscher Norwegen und Schweden an, wo Frauen wirtschaftlich stark positioniert sind. In beiden Ländern beträgt der Anteil unehelicher Kinder in einigen Gegenden über zwei Drittel.

Was wird aus unehelichen Kindern nach einer Trennung?

Wirtschaftlich eigenständige Frauen schaffen es, uneheliche Kinder nach einer Trennung mit ihrem Einkommen und gegebenenfalls staatlicher Unterstützung zu versorgen.

Frauen aus einer – meistens ehelichen – Verbindung, bei der der Partner Haupternährer war, haben es nach einer Trennung deutlich schwerer und steigen sozial meistens ab. Entsprechend seltener sind außereheliche Kinder in Gesellschaften, wo das Modell „Frau bleibt zu Hause, Mann verdient das Familieneinkommen“ üblich ist.

Was bedeutet Klüseners Theorie für Deutschland?

Auf Deutschland bezogen lässt sich aus Klüseners Theorie schließen, dass Deutschland bei der Frauengleichstellung Nachholbedarf hat. 2014 wurden in Deutschland 250.000 Kinder unehelich geboren. Das entspricht ungefähr jedem 3. Kind.

Dabei lässt sich ein signifikanter Unterschied zwischen West-und Ostdeutschland feststellen: circa 29 % in Westdeutschland, bei 59 % in Ostdeutschland. Spitzenreiter ist Brandenburg mit gut 70 %, was der norwegischen und schwedischen Quote entspricht. Die hieraus erkennbare mangelnde Gleichstellung deutscher Frauen hat verschiedene Ursachen.

Gründe für mangelnde Gleichstellung von Frauen in Deutschland

Alleinerziehende Frauen haben es in Deutschland schwer, einen zu ihrer Situation passenden Job zu finden. Auf die Bedürfnisse von Müttern ausgerichtete Arbeitsplätze mit flexiblen Arbeitszeiten oder Betriebskindergärten gibt es immer noch zu wenig. Betreuungsangebote für Kinder sind in vielen Orten rar und teuer. Viele Mütter finden es in Deutschland anstrengend, ihre Kinder ohne Partner zu erzielen. Andere Länder in Europa wie beispielsweise Frankreich oder skandinavische Länder sind hier deutlich mütterfreundlicher.

Ungleichgewicht zwischen West- und Ostdeutschland nicht allein politisch begründet

Klüsener sieht neben der sozialistischen Vergangenheit in Ostdeutschland mit üblicherweise berufstätigen Müttern eine weitere Erklärung für die hohe Zahl unehelicher Kinder. Ostdeutschland ist allgemein weniger christlich geprägt. Nicht nur sozialistischer Atheismus, sondern auch fehlende Dominanz der Kirchen als moralische Instanz bereits zur Zeit des preußischen Königreiches führten zur mehr Geburten unehelicher Kinder.

Weiterer Grund für erhöhte außereheliche Geburtenraten

Der Sozialforscher verschweigt neben seiner Theorie nicht, dass es einen weiteren Grund für höhere Zahlen uneheliche Kinder gibt. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass auch in prekären Lebensverhältnissen vermehrt uneheliche Kinder zur Welt kommen. Neben niedrigem Einkommen besteht hier oft ein erheblicher Bildungsmangel, der das Nichtwissen um Verhütungsmethoden einschließt.

Hier ist aber die Gleichstellung der Frau ebenfalls häufig beeinträchtigt. Allgemein wirkt die Theorie also plausibel.

Bildquelle: © Aliaksei Lasevich – Fotolia.com

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