Behinderung am

Leben Menschen mit Behinderung von Sozialleistungen, kommt es im Fall einer Erbschaft häufig dazu, dass der Nachlass dem Sozialträger zufällt. Damit die behinderte Person nicht das Erbe zu Lebenshaltungskosten nutzen muss, wird ein sogenanntes Behindertentestament erstellt, das besondere Regelungen zum letzten Willen der Eltern bzw. vererbenden Person beinhaltet. Wie Sie das Behindertentestament erstellen, und zwar formaljuristisch korrekt, erfahren Sie bei uns!

Übersicht:

  • Behindertentestament – was ist das?
  • Unterschied zum regulären „Letzten Willen“
  • Wichtige Bestandteile des Testaments
  • finanzielle Erbschaft
  • Vor- und Nacherbschaft
  • Testamentsvollstreckung
  • Vormundschaft
  • Rechtliche Schwierigkeiten bei der Erstellung?

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Behindertentestament – was ist das?

Der Begriff kann für Unwissende etwas verwirrend sein, denn ein Behindertentestament ist nicht der letzte Wille des Menschen mit Behinderung, sondern jener seiner Eltern beziehungsweise der Personen, die vererben möchten.

Es regelt unter anderem den finanziellen Nachlass sowie die Vormundschaft für den Fall, dass das behinderte Kind einen benötigt. Die Besonderheit am Behindertentestament: Das behinderte Kind wird nicht als regulärer Erbe eingetragen, sondern lediglich als Vorerbe. Das behinderte Kind besitzt folglich (offiziell) kein Vermögen.

Dies ist dann von Vorteil, wenn der Erbe Sozialleistungen empfängt, da das eigene Einkommen oder anderes Vermögen nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu stämmen.

Mit dem Nachlass erhält der Erbe allerdings Vermögen, das nach § 90 Abs. 1 SGB XII erst „aufgebraucht“ wird, bevor die staatliche Unterstützung wieder einsetzt.

Das Vermögen muss dem Leistungsempfänger allerdings „zur Verfügung stehen“, andernfalls darf es nicht zur Bedarfsdeckung verwendet werden. Mit einem Behindertentestament lässt sich dieser Umstand vermeiden.

Unterschied zum regulären „letzten Willen“

Im Gegensatz zu einer regulären letztwilligen Verfügung umfasst das Behindertentestament einige besondere Regelungen des Erbschaftrechtes unter Berücksichtigung des Sozilhilferechts.

In der Regel wird gesondert eine Vor- und Nacherbschaft definiert, ein Vormundschaft beziehungsweise ein Betreuer wird erklärt und weiterhin setzen viele Eltern einen Dauertestamentsvollstrecker ein.

Möglich ist auch die Anordnung von Vermächtnissen. Die besonderen Bestandteile des Behindertentestaments werden nachfolgend erläutert.

Wichtige Bestandteile des Testaments

Finanzielle Erbschaft

Wie bei vielen anderen Testementen geht es auch beim Behindertentestemant vorrangig um den finanziellen Nachlass, den Eltern ihren Kindern zukommen lassen wollen.

Neben der Erbschaftssteuer schmälern auch die Sozialträger das vererbte Vermögen, wenn das behinderte Kind Sozialleistungen empfängt. Zwar gewährt der Sozialträger nach § 90 SGB XII einen „Schonbetrag“, wird dieser allerdings durch den Nachlass überschritten, wird der Sozialleistungsempfänger zum sogenannten „Selbstzahler“.

Er hat folglich keinen Anspruch mehr auf Unterstützung, solange das Vermögen nicht aufgebraucht ist.

Vor- und Nacherbschaft

Um diesen Sachverhalt zu umgehen, werden Menschen mit Behinderung meist als Vorerben eingesetzt. Das bedeutet, sie haben keinen direkten Zugriff auf das vererbte Vermögen.

Nach § 2112 ff. BGB ist der Erbe in seinem Verfügungsrecht über den Nachlass „beschränkt“. Folglich kann sie der Sozialträger nicht nötigen, das Vermögen zu verwenden, denn nach § 90 Abs.1 SGB XII muss das Vermögen „verfügbar“ sein.

Als Nacherben werden beispielsweise Geschwister des Vorerben, andere Familienangehörige oder Bekannte eingesetzt, die im Regelfall nach dem Ableben des Vorerben erben.

Durch diese Regelung ist es möglich, dass Geschwister zu unterschiedlichen Zeitpunkten erben. Es ist aber möglich, die Bestimmungen zu ändern, so dass das Nacherbe nicht zwingend mit dem Tod des Vorerben verknüpft sein muss, sondern durchaus zuvor geschehen kann.

Dauerhafte Testamentsvollstreckung

Weil der Nachlass für den Vorerben als Sondervermögen gilt, das nicht zu seiner freien Verfügung steht, muss ein Testamentsvollstrecker eingesetzt werden, der unter anderem Zuwendungen an das behinderte Kind weitergibt.

Dadurch können Eltern unter anderem verfügen, dass ihr Kind Geschenke zu Geburtstagen oder ähnliches erhält. Ziel ist es, dass das Kind fortlaufend finanziell abgesichert ist.

Aus diesem Grund sollte auch ein Dauertestamentsvollstrecker eingesetzt werden, der nicht nur einmalig tätig wird. Es gilt eine Ernennung des Testamentsvollstreckers auf Lebzeiten des Vorerben.

Vormundschaft

Bei Menschen mit Behinderung kann es sinnvoll sein, eine Vormundschaft testamentarisch zu bestimmen, wenn die Eltern verstorben sind. Bei Minderjährigen empfiehlt sich ein Vormund, bei volljährigen Menschen sollte ein Betreuer eingesetzt werden – beispielsweise wenn ein weitgehend eigenständiges Leben nicht möglich ist.

Bennen die Eltern keinen Vormund, liegt die Aufgabe der Benennung beim Familiengericht, sofern z.B. beide Elternteile verstorben sind.

Im Zweifelsfall könnte dies bedeuten, dass eine Vormund vom Jugendamt bestellt wird, der keinerlei persönlichen Bezug zum behinderten Kind hat. Je nach Alter und Grad oder Form der Behinderung – insbesondere bei geistiger Behinderung – kann sich dies erheblich negativ auf das Kind auswirken.

Mit einer festgelegten Vormundschaft im Behindertentestament können die Eltern einen Familienangehörigen, Bekannten oder andere Bezugspersonen benennen, die sich um das Kind kümmern müssen.

Das Familiengericht kommt der Verfügung der Eltern im Behindertentestament für gewöhnlich nach.

Rechtliche Schwierigkeiten bei der Erstellung?

Lange Zeit wurde darüber diskutiert, ob die Erstellung eines Behindertentestaments sittenwidrig ist – also ob es sich um ein Rechtsgeschäft handelt, dass einen Vorteil aus einer Zwangslage zieht.

Der Grund dafür: Die Bedürftigkeit des Behinderten wird erzeugt, obwohl Vermögen vorhanden ist. Bezieht der Erbe Sozialleistungen, seien die Belastungen für die Allgemeinheit unnötig.

Im Jahr 1993 hat der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass ein Behindertentestament nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB verstößt und damit nicht gegen gute Sitten verstößt.

Grundsätzlich, und gerade weil die Rechtslage hierzu stark diskutiert wird, sollte bei der Erstellung eines Behindertentestaments ein Rechtsbeistand behilflich sein.

Nur auf diese Weise besteht die Möglichkeit, dass alle wichtigen Aspekte, die man persönlich festhalten möchte, auch mit geltenden Regelungen zum Erbrecht und Sozialhilferecht sowie dem Vormundschaftsrecht übereinstimmen.

Bildquelle: © Gajus – Fotolia.com

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