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38.000 arbeitslose 63-Jährige wurden 2015 Frührentner – und das mitunter nicht freiwillig. Aus einer Anfrage von Die Linke an die Bundesregierung ergab sich nun eine brisante Thematik, denn die Antwort legt nahe, dass immer mehr ältere Menschen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) leistungsberechtigt sind, zwangsweise in die vorzeitige Rente geschickt werden. Zum Vergleich: Nur 1.745 Hartz-IV-Empfänger mit 63 Jahren vermittelte das Jobcenter einen Arbeitsplatz.

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Anfrage auf Zwangsverrentung von Langzeitarbeitslosen

Nach § 12a Satz 1 SGB II darf das Jobcenter Leitungsberechtigte, die das 63. Lebensjahr vollendet haben, gegen deren Willen vorzeitig in Rente schicken. Für den Leistungsbezieher bedeutet dies eine dauerhafte Absenkung der Rentenansprüche. Für jeden vorzeitig in Ruhestand gegangenen Monat werden die Rentenbeträge um 0,3 Prozent gekürzt. Die Linke kritisiert hier eine Verletzung der geltenden Grundrechte.

Zum einen darf jeder Betroffene nach dem rentenrechtlichen Grundsatz eigens über seinen Rentenantrag entscheiden. Zum anderen wird außer Acht gelassen, dass eine Verkürzung der Rentenbeträge für die Betroffenen eine Bedrohung des menschenwürdigen Existenzminimums bedeutet. Das begünstige, so geht es aus der Anfrage von Die Linke hervor, in erheblichem Maße eine „dauerhafte Fürsorgeabhängigkeit im Alter“.

Antworten der Bundesregierung

Aus genanntem Paragraphen des SGB II geht hervor, dass Hartz-IV-Empfänger dazu verpflichtet sind, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen um Hilfsbedürftigkeit zu vermeiden. Nach Satz 2 sind alle Leistungsbezieher unter 63 Jahren von dieser Pflicht ausgenommen.

Nach Vollendung des 63. Lebensjahrs kommt dann die Aufforderung durch das Jobcenter, vorzeitig die Altersrente zu beantragen. Kommen sie dem nicht nach, stellt das Jobcenter nach § 5 Abs. 3 SGB II diesen Antrag eigenmächtig. Die Bundesregierung überträgt die Verantwortung bei dieser Entscheidung dem Jobcenter, die nach eigenem Ermessen handeln sollen.

Weiterhin lässt sich aus den Antworten der Bundesregierung schließen, dass immer mehr Ältere vorzeitig in Rente gehen. Rund 38.600 der 63-jährigen Leistungsbezieher hat das Jobcenter 2015 in Rente geschickt. In 2008 lag die Zahl jener, die mit 63 Jahren aus dem Hartz-IV-Bezug ausscheiden, bei rund 9.600. Der deutliche Anstieg der arbeitslosen Frührenter lässt darauf schließen, dass das Jobcenter der Vorgehensweise nach § 5 Abs. 3 SGB II immer häufiger nachgeht. Eine statistische Erhebung gibt es nach Angaben der Bundesregierung hierzu nicht.

Im Vergleich dazu sieht die Zahl jener 63-Jährigen mit neuem Job erschreckend niedrig aus. Nur 1.745 Hartz-IV-Empfänger wurden wieder in einen neuen Job vermittelt. Rund 50.000 der 91.000 Hartz-IV-Empfänger über 63 Jahre sollen mehr als ein Jahr kein Jobangebot erhalten haben.

Abschaffung der Zwangsverrentung wurde schon 2014 beantragt

Als Reaktion auf die Antworten der Bundesregierung bezeichnete der Rentenexperte Matthias Birkwald von Die Linke die Zwangsverrentung als „Demütigung“ für alle arbeitslosen, älteren Menschen. Bereits 2014 beantragte Die Linke die Abschaffung der Zwangsverrentung von SGB-II-Leistungsberechtigten. Auch die SPD hat sich dafür ausgesprochen, dass Hartz-IV-Bezieher künftig nicht zur Frührente gezwungen werden sollen, sofern eine Altersarmut droht.

Bildquelle: ©Sir_Oliver – Fotolia.com 

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