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Im Interview mit dem Online-Journal „Capital“ erklärte der Ökonom Thomas Straubhaar, warum schon bald ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro für jeden das alte Bismarck’sche Sozialversicherungssystem ablösen könnte…

Thomas Straubhaar ist Professor an der Universität Hamburg für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Zudem leitete er von den Jahren 1999 bis 2014 das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut. Sei Buch „Radikal gerecht – wie das bedingungslose Grundeinkommen den Sozialstaat revolutioniert“ ist gerade erst erschienen.

Gegenüber „Capital“ erklärte der Ökonom nun, was genau seine Visionen für die nächsten Jahre sind…

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1.000 Euro bedingungsloses Grundeinkommen für jeden

Im Interview werden verschiedene Szenarien durchgespielt. So ist beispielsweise besonders eine Frage ein Thema: Was ist, wenn es sich die Menschen mit den 1.000 Euro monatlich einfach nur bequem machen würden? Der Ökonom antwortet darauf, dass eine solche Angst unbegründet sei.

Die ganz große Mehrheit der Deutschen wolle nicht in der Hängematte liegen und nichts mehr tun. Zumindest solle dies gerade in einer aktuellen Umfrage für die Körber-Stiftung herausgekommen sein.

Die allermeisten Deutschen würden auch schließlich nicht wegen des Geldes arbeiten, sondern vor allem auch, wegen fester Strukturen, wegen der sozialen Kontakte, für Anerkennung oder einfach um etwas Sinnvolles zu tun. Natürlich gebe es auch diejenigen, die eine Arbeit gefunden hätten, die ihnen Spaß macht.

Wer würde dann noch die gefährlichen oder langweiligen Jobs machen?

Angenommen jeder Mensch hätte die 1.000 Euro im Monat sicher. Mit diesem Geld lässt sich zwar noch lange kein sorgenloses Leben führen, doch für eine gute Grundversorgung würde es reichen. Die Frage des Interviewers war nun, was passieren würde, wenn die Leute aus Bequemlichkeit keine der anstrengenden oder langweiligen Jobs mehr machen würden – wie würde sich das in der Wirtschaft bemerkbar machen?

Auch hierauf hatte der Ökonom eine gute Antwort parat: Seiner Meinung nach würden heute in unsrem System die Menschen aus Not und materiellem Druck gezwungen werden, Jobs anzunehmen, die einen kaputt machen. Durch das bedingungslose Grundeinkommen könnten die Menschen auch ganz einfach „nein“ zu solchen Jobs sagen und sich etwas anderes suchen.

Aktuell nehme man in Kauf, dass Menschen, die derartige Jobs ausüben müssen, kürzer leben. Durch ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte sich eine Menge ändern. Arbeitgeber müssten sich nämlich überlegen, ob sie Maschinen und Roboter die Arbeit erledigen lassen könnten. Sollte das nicht möglich sein, müssten eben gerechtere Löhn für die Arbeit gezahlt werden, damit einige Menschen bereit wären, solche Arbeiten zu verrichten.

Grundeinkommen hat bereits viele Fans

Das Grundeinkommen hat bereits auf der ganzen Welt Fürsprecher. Nicht nur im fortschrittlichen Silicon Valley hat es Fans, sondern auch in Ländern wie Norwegen, Niederlanden oder in Indien. Dort wird bereits kräftig experimentiert.

Doch auch viele große Unternehmen sind Sympathisanten der Idee. Der weltbekannte Unternehmer Elon Musk ist beispielsweise ebenfalls ein Befürworter für das bedingungslose Grundeinkommen. Seiner Meinung nach wird es sogar unverzichtbar sein, wenn Maschinen künftig die Arbeitsplätze der Menschen einnehmen werden.

Allerdings gibt es auch hier ein Argument der Kritiker: Sie werfen den Unternehmern vor, dass diese sich freikaufen wollen würden, da ihr Plattformkapitalismus eine Menge Menschen arbeitslos machen würde. Sie würden die Kosten auf die Gemeinschaft abwälzen wollen.

Der Ökonom Thomas Straubhaar sieht das etwas anders. Im Interview erklärt er, dass doch gerade jetzt die Unternehmen die Kosten auf die Gemeinschaft abwälzten. Zum Beispiel wenn der Beschäftigte Burnout habe oder körperlich versehrt sei. Er werde dann entlassen – in erster Linie würde die Gesellschaft für ihn zahlen müssen.

Das Grundeinkommen würde in Zukunft aus den Steuern finanziert werden, es würde somit alleine aus der Wertschöpfung der Wirtschaft zustande kommen. Zudem würden sich Arbeitgeber anstrengen müssen, um ein Umfeld zu schaffen, in dem die Arbeitnehmer etwas leisten möchten.

Warum gerade 1.000 Euro Grundeinkommen?

Als guten Wert für das bedingungslose Grundeinkommen nennt der Ökonom 1.000 Euro monatlich. Der heutige Sozialstaat koste nämlich derzeit rund 960 Mrd. Euro – was pro Kopf der Bevölkerung jährlich rund 12.000 Euro entspreche. Anstatt das Geld in den Sozialstaat zu stecken, solle es lieber jedem Einzelnen als Mindestabsicherung garantiert werden.

Würde das Grundeinkommen die Sozialleistungen ersetzen?

Das Grundeinkommen könnte nach Ansicht des Ökonoms den heutigen Sozialstaat sogar vollständig ersetzen. Man könnte damit die gesetzliche Altersabsicherung, die Krankenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung abschaffen. Wer eben etwas mehr haben wollen würde, über das Grundeinkommen hinaus, der müsse sich eben selbst privat versichern.

Bildquelle: © Bits and Splits – Fotolia.com

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