Mann feuert mit Luftgewehr auf spielendes Kind Drei Jahre Haft
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Hamburg: Aus einem unglaublichen Grund schoss ein Mann mit einem Luftgewehr auf einen spielenden Jungen. Das Gericht kaufte dem Mann sein Geständnis in vielerlei Punkten nicht ab.

Ein groß gewachsener Mann mit grauem Kaputzenpulli – vor Gericht wirkte er ruhig und kontrolliert. Er faltete die Hände und blickte gelassen nach vorne zu den Richtern. Und das, obwohl er nach seiner erschreckenden Tat wohl kaum jemanden auf seiner Seite haben dürfte.

Schließlich verkündete die Richterin das Urteil: Ralf W. soll, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, drei Jahre Freiheitsstrafe erhalten. Dies bedeutet zugleich, sofern das Urteil rechtskräftig wird, drei Jahre Gefängnis ohne Bewährung.

Näheres zum Vorfall

Die Tat des Mannes ist einfach unvorstellbar. Mit einem Luftgewehr soll er auf einen Jungen geschossen haben, der gerade auf dem Spielplatz spielte. Vor Gericht erklärte der 54-Jährige, er hätte Luft abgelassen.

Zwar handelte es sich bei dem Gewehr „lediglich“ um ein Luftgewehr, doch war dieses dafür ziemlich gut bestückt: Schalldämpfer, Zielfernrohr und dazu spitze, messingummantelte Diabolo-Geschosse. Für ein Luftgewehr eine wirklich heftige Sache!

Denn solche Munition wird normalerweise für die Jagd auf Kleintiere eingesetzt. Im Internet werden die Geschosse mit Slogans wie „die durchschießen alles, was sich Ihnen in den Weg stellt“, beworben.

Täter war ehemaliger Bundeswehroffizier

Scheinbar mangelte es dem ehemaligen Bundeswehroffizier an jenem Tag sichtlich an Selbstdisziplin. Die Geräusche des spielenden Kindes reichten aus, dass Ralf W. zu seinem Gewehr griff. Dabei spielte das Kind etwa 35 Meter entfernt von der Wohnung seiner Freundin auf dem Spielplatz Alsterberg.

Junge übte gerade Freistöße

Das Kind wurde durch den plötzlichen Schuss völlig überrascht – der Junge war gerade dabei, Freistöße zu üben und schoss mit seinem Ball mehrere Male gegen den Zaun.

Ralf W. erklärte dazu später vor Gericht: „Das gab so ein ätzendes Geräusch.“ Weiter sagte er, dass er aufgrund eines Tinnitus besonders empfindlich gegenüber Geräuschen sei. Zudem soll er aufgrund einer vorherigen strapaziösen Radtour besonders ruhebedürftig gewesen sein.

Um 16:30 Uhr platzte dem ehemaligen Offizier endgültig der Kragen. Er griff zum Gewehr und gab gleich zwei Schüsse auf den 13-jährigen Jungen ab. Mit einer Durchschlagskraft von 7,2 Joule trafen die Kugeln den Jungen mit voller Wucht – eine der Kugeln traf Tim J. nahe seiner Leber.

Unter Vollnarkose musste Tim J. operiert werden. Er steht weiterhin so sehr unter Schock, dass er über die Tat nicht reden kann. „Da hätte eine Menge mehr passieren können“, sagte die Amtsrichterin Monika Schorn.

In der Tat: ein so gefährliches Geschoss hätte beispielsweise den Jungen sein Augenlicht kosten, die Halsschlagader kappen oder im Bereich der Schläfe sogar tödlich in seinen Kopf eindringen können.

Sie hätten einfach Ohropax nehmen können

Warum nur entschloss sich der Ex-Offizier gleich für eine so unfassbare Maßnahme? Richterin Schorn sprach von einer „gefährlichen Körperverletzung“. Nicht nur, weil eine Waffe eingesetzt wurde, sondern auch, weil die Tat das Leben des Jungen auf Spiel gesetzt hat. Die Richterin verbot sich daher die Annahme eines „minderschweren Falls“.

Am Donnerstag sprach die Richterin dann von einer „unfassbaren Tat“. Denn auch wenn sich der Mann in seiner Ruhe beträchtlich gestört gefühlt hätte, so sei es nicht hinnehmbar, dass auf ein Kind geschossen wurde.

Und außerdem: Gerade als Soldat sollte Ralf W. im Umgang mit Waffen mit der Situation, dass ihn etwas stört, umgehen können. Schließlich kannte er die Schießordnung in und auswendig. Die Richterin sagte dazu: „Sie hätten einfach Ohropax nehmen können.“

Aussagen des Täters in mehreren Punkten unglaubwürdig

Gleich mit mehren Aussagen wirkte der Täter vor Gericht unglaubwürdig. Objektiv betrachtet habe Ralf W. sein Verbrechen zwar gestanden und damit dem Jungen auch eine Aussage vor Gericht erspart, doch hatte er stets auch vor den Richtern abgestritten, den Jungen ernsthaft verletzten zu wollen – was ihm jedoch niemand glaubte. „Sie haben versucht, vieles zu ihren Gunsten zu relativieren“, erklärte die Richterin Schorn.

Unter anderem soll der Angeklagte ausgesagt haben, ursprünglich auf die Füße des Jungen gezielt zu haben und einen Warnschuss abzugeben. Aber: der relativ geräuscharme Schuss aus dem Luftgewehr wäre für einen Fussball-spielenden Jungen kaum zu hören gewesen.

Und: hätte der Angeklagte tatsächlich auf die Füße des Jungen gezielt, hätte er es gar nicht getroffen. Das Zielfernrohr, das auf dem Gewehr montiert war, war so eingestellt, dass es eine Schussabweichung um 22 Zentimeter nach unten gegeben hätte.

Nach einer Aussage des Angeklagten soll sich Ralf W. das Gewehr außerdem zugelegt haben, weil er sich als Sportschütze im Verein versuchen wollte. Anstatt mit Zielscheiben im Keller zu üben, hatte Ralf W. jedoch auf Vögel geschossen.

Nun geht der Fall in die nächste Instanz – die Verteidigung lässt daran keinen Zweifel.

Bildquelle: © pattilabelle – Fotolia.com

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