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Seit dem 1. Januar 2015 gilt Deutschlandweit der gesetzliche Mindestlohn. Bis auf einige Ausnahmen soll jeder Angestellte mindestens 8,50 Euro pro Stunde verdienen – doch bereits jetzt tauchen die ersten Probleme auf: Sollen auch Praktikanten und andere Randgruppen rund 1.400 Euro im Monat erhalten? In diesem Artikel erfahren Sie genaueres über die Rechte von Praktikanten zum Thema Praktikantengehalt und Mindestlohn.

Gestatten, mein Name ist „MiLoG“ – auch Mindestlohngesetz genannt

Zum Jahresbeginn wurde der lang debattierte gesetzliche Mindestlohn nun tatsächlich eingeführt. Neben den vielen Befürwortern gibt es allerdings auch zahlreiche Kritiker. Wie gut oder wie schlecht der Mindestlohn nun tatsächlich für Unternehmen oder Arbeitnehmer ist, würde sich angeblich wohl erst in der Praxis herauskristallisieren. Und so ist es nun auch gekommen. Die ersten Fragen treten bereits wenige Tage nach der Einführung des Mindestlohnes auf.

Für wen gilt das Mindestlohngesetz?

Vom Grundsatz her soll das Mindestlohngesetz für alle Arbeitnehmer gelten. Demnach soll kein Arbeitnehmer weniger bekommen, als man eigentlich zum Leben oder Überleben benötigt. Doch von welchem Lebensstandard geht man dabei eigentlich aus? Für den einen oder anderen Angestellten könnte das sogar eine immense Verdienststeigerung sein. Und genau das befürchten viele Arbeitgeber:

Muss ein Vollzeit-Praktikant nun etwa auch 1.400 Euro im Monat verdienen? Wer soll das bezahlen, wenn der Praktikant meist nur über die Schultern der Angestellten schaut und kaum mitwirkt?

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Ausnahmen vom Mindestlohn

Wie eingangs bereits erwähnt, profitieren nicht alle Arbeitnehmer vom gesetzlichen Mindestlohn. Die folgenden Personen beispielsweise fallen nicht unter den Mindestlohn:

  • Personen, die eine Ausbildung im dualen System absolvieren – sprich Azubis die in Betrieb und Berufsschule lernen
  • Studenten, die ein für ihr Studium erforderliches Praktikum ableisten
  • Bestimmte Arbeitslose
  • Personen unter 18, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen

Wie dramatisch sind diese Einschränkungen?

Zu den Praktikanten während des Studiums: Es ist ohnehin bekannt, dass es Studenten ohne staatliche oder elterliche Förderung in der Regel schwer haben, sich finanziell über Wasser zu halten. Während eines Pflichtpraktikums bleibt für einen Nebenjob nur wenig Zeit, da das Praktikum in der Regel in Vollzeit absolviert werden muss, um während der Semesterferien damit fertig zu werden.

Und ein weiterer Knackpunkt: Durch die neuen Bildungsreformen der letzten Jahre ist der Großteil der Schulabgänger unter 18 Jahre alt! Ein Abiturient, der arbeiten möchte und keine abgeschlossene Ausbildung hat (woher auch?), erhält ebenfalls nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Und das für dieselbe Arbeit, die jemand erledigt, der 18 Jahre oder älter ist und über keine Ausbildung verfügt.

Interessant: Wie wird ein Praktikant eigentlich definiert?

Es könnte so einfach sein. Aber die Definitionen in der Juristik sind meist komplexer, als ein als Laie vermuten könnte… So auch die Definition eines Praktikanten:

Ein Praktikant ist entweder jemand, der seinen Bildungsstand verbessern möchte, oder jemand, bei dem die Arbeitsleistung im Vordergrund steht.

Im ersten Fall gilt die Person als Praktikant im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Ein solcher Praktikant möchte seine beruflichen Fertigkeiten, seine Fähigkeiten und seine Kenntnisse erweitern. Diese Art von Praktikant erhält eine „angemessene Vergütung“. Wie viel das ist, bleibt weiterhin Interpretations- und Verhandlungssache.

Im zweiten Fall ist der Praktikant jemand, der einfach arbeiten möchte, um Geld zu verdienen. Er ist dann wie ein ganz normaler Arbeitnehmer zu behandeln. Für ihn entsteht dadurch der Anspruch auf eine „übliche Vergütung“.

Wie Sie merken, lassen beide Varianten bereits jede Menge Interpretationsmöglichkeiten offen. Mit der Einführung des Mindestlohnes hat der Gesetzgeber nun allerdings, um die Definitionsfrage zu vereinfachen, eine weitere Art von Praktikanten geschaffen. Sehen Sie selbst…

Das sogenannte Orientierungspraktikum

Ein Orientierungspraktikant ist eine Person, die zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums ein Praktikum mit einer Länge von bis zu drei Monaten leistet. Nun bleibt die Frage, inwiefern sich diese Art des Praktikanten zu dem Praktikanten im Sinne des Berufsbildungsgesetzes unterscheidet, welcher ebenfalls seine Kenntnisse oder Fähigkeiten erweitern möchte…

Als welche Art von Praktikant gilt man letztendlich?

Wenn es darum geht, ob man als Praktikant nach dem Mindestlohn bezahlt wird, dann bleibt die Frage, ob man eher ein Arbeitnehmer oder ein „Knowhow-Nehmer“ ist. Hierbei ist darauf zu achten, wie sich die Durchführung des Praktikums gestaltet:

Ist der Praktikant tatsächlich den Großteil seiner Zeit damit beschäftigt, den anderen Angestellten über die Schulter zu schauen, oder wird er selbst zur Zielscheibe für verschiedene Arbeitsaufträge? Leistet der Praktikant eine geldwerte Leistung? Oder möchte er mit dem Praktikum ein wenig in die Materie schnuppern, um sich für seinen künftigen Werdegang orientieren zu können?

Tipp für Praktikanten: So steht auch Ihnen der gesetzliche Mindestlohn zu

Zusammengefasst gilt: Ihre Tätigkeit bestimmt das, was Sie erwarten können. Wenn Sie tatsächlich den Großteil Ihrer Zeit damit verbringen, Hand anzulegen, dann spricht das auch für eine „übliche Vergütung“. Unabhängig davon sollte man allerdings bereits im Praktikumsvertrag vorher schriftlich festhalten, in welche Richtung sich das Praktikum bewegen soll. Auf diese Weise haben Sie einen Anspruch darauf, Ihre Praktikantentätigkeit so zu gestalten, wie Sie im Vertrag vereinbart worden ist. Dem Praktikanten, der wie ein Arbeitnehmer arbeitet, steht dann natürlich auch der gesetzliche Mindestlohn zu.

Nicht vergessen: Einem Orientierungspraktikanten kann auch bis zu drei Monate lang weniger gezahlt werden.

Darf ein Praktikant unentgeltlich beschäftigt werden?

Viele Praktikanten werden nach wie vor in Deutschland unentgeltlich beschäftigt. Meist sind das jene Praktikanten, die für ihr Studium ein Pflichtpraktikum ableisten müssen. Ob und wie viel dem Praktikanten für ein solches Studium gezahlt wird, hängt dabei in der Regel davon ab, in welchem Bundesland, in welcher Stadt, in welchem Betrieb und in welcher Branche das Praktikum durchgeführt wird.

Ärgerliches Beispiel:

Studenten des Maschinenbaus erhielten bislang häufig für ihr Pflichtpraktikum im Raum Hamburg leider keine Vergütung. Während des Praktikums geht es dabei um die Aneignung von praktischen Fähigkeiten: zum Beispiel Stahlschneiden, Schweißen, etc. In der Praxis heißt das für die Studenten aber häufig auch, dass sie zum Tragen von Geräten oder Materialien missbraucht werden. Tätigkeiten, die mit dem eigentlichen Grund des Praktikums kaum etwas zutun haben. Und das zum Nulltarif! Laut der obigen Definition sollte dieser Fall mit der Einführung der neuen Regelung eigentlich nicht mehr möglich sein.

Wesentlich schwieriger wird die Rechtslage bei einem Praktikum, welches der Orientierung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes dient: Erhält der Praktikant nun für drei oder weniger Monate eine „angemessene Vergütung“? Oder bekommt er nichts?

Leider bleibt die Regelung aufgrund der unklaren Definitionen weiterhin den Unternehmen überlassen. Sinnvoll wäre allerdings, dem Praktikanten zumindest eine Aufwandsentschädigung zu bezahlen, welche die Fahrtkosten sowie die Kosten für das Mittagessen abdeckt.

Fazit für Praktika bis zu drei Monate

Bei Praktika, die eine Dauer von bis zu drei Monaten haben und bei denen die Orientierung beziehungsweise der Erwerb beruflicher Fähigkeiten im Vordergrund steht, kann der Praktikant darauf bestehen, dass ihm zumindest eine „angemessene Vergütung“ zusteht. Man kann sich dann darauf berufen, dass man als Praktikant im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) tätig ist. Einen Mindestlohn wird es damit zwar leider nicht geben, doch Kosten wie Anfahrt oder Mittagessen könnten dadurch finanziert werden. Geändert hat sich in diesem Fall durch die Einführung des Mindestlohnes also nichts.

Fazit für Praktika über drei Monate

Wenn ein Praktikum länger als drei Monate andauert, so gilt dieses nach der Regelung definitiv nicht mehr als ein Orientierungspraktikum. Je nach dem, in welchem Ausmaß der Praktikant berufstätig wird, kann er anstelle einer „angemessenen Vergütung“ einen Lohn im Sinne des Mindestlohngesetzes verlangen.
Selbst wenn nachträglich festgestellt wird, dass dem Praktikanten ein Mindestlohn zugestanden hätte, so muss die Differenz vom Unternehmen nachgezahlt werden. Je nach Fall kann sogar ein Bußgeld verhängt werden.

Übrigens: Ein Arbeitgeber, der die derzeitige Gesetzeslage missachtet und den Praktikanten weiterhin ohne einen ihm zustehenden Mindestlohn beschäftigt, riskiert wegen Ordnungswidrigkeiten eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro!

Bildquelle: © Trueffelpix – Fotolia.com

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