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Ein Vollzeit oder mehrere Teilzeit-Jobs, weder Zeit noch Energie für zusätzliche Tätigkeiten – und trotzdem zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel: Für viele Deutsche ist dieses Dilemma Alltag; sie müssen zu ihrem Gehalt zusätzliches Geld beziehen, da sie sonst nicht über eine ausreichende finanzielle Existenzgrundlage verfügen.
Aber wie funktioniert das Niedriglohn-Aufstocken überhaupt? Wer hat einen Anspruch darauf und wie können Sie persönlich fest stellen, ob Sie anspruchsberechtigt sind?

Übersicht:

  • Niedriglohn-Aufstocker in Deutschland – Zahlen, Daten, Fakten
  • Die rechtlich-finanzielle Grundlage
  • Was genau versteht man unter „aufstocken“?
  • Ist das überhaupt erlaubt? Und wie sieht es finanziell aus?
  • Die personenbezogene Anspruchsregelung
  • Sind Sie empfangsberechtigt?
  • Die Antragstellung
  • Wie lange wird die Aufstockung gezahlt?

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Niedriglohn-Aufstocker – Zahlen, Daten, Fakten

Mitte 2014 waren umgerechnet 1,3 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland Aufstocker. Und das waren nur diejenigen, die diese Leistung tatsächlich in Anspruch nahmen.

Die Zahl derjenigen, die darauf verzichteten, dürfte weit höher liegen.
Die meisten von ihnen kamen aus dem Teilzeit-, Mini-Job und Selbstständigen-Bereich – was jedoch nicht heißt, dass nicht auch Vollzeit-arbeitende Personen betroffen waren: Immerhin 200.000 Menschen (31% der Aufstocker) gingen einer 40-Stunden-Beschäftigung nach.

Besonders häufig betroffene Berufsgruppen finden sich im Einzelhandel, Sozial- und Gesundheitswesen, der Gastronomie, im Hotelbereich, der Lager- oder Leiharbeit. Da die Frauenlöhne oft noch niedriger sind als die Männerlöhne, sind Frauen konsequenterweise häufiger betroffen.

Die Einführung des Mindestlohns (8,50 € pro Stunde) 2015 hat zwar manchen Menschen, vor allem zwei Dritteln der Mini-Jobber, eine gewisse Erleichterung verschafft.

Es reicht aber dennoch nicht für alle: Denn 8,50 € sind selten ausreichend, um eine Familie zu ernähren – so stieg die Zahl der Vollzeit-Arbeitnehmer, die zusätzlich Hartz4 beziehen, um weitere 100.000 Personen an.
Eine Entwicklung, die mit gesunder Skepsis beobachtet werden sollte…

Die rechtlich-finanzielle Grundlage

Was genau versteht man unter „aufstocken“?

Aufstocken bedeutet, dass Sie Ihr eigenes Einkommen prinzipiell durch Hartz4-Leistungen ergänzen können, wenn Ihr Lohn / Ihr Gehalt sowie Ihre sonstigen Einkünfte nicht zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes ausreichen.

Ist das überhaupt erlaubt? Und wie sieht es finanziell aus?

Denken auch Sie, dass sie arbeitslos sein müssen, damit sie einen Aufstockungsanspruch haben? Dann liegen Sie falsch – denn das Aufstocken ist rechtens, sobald Ihr Bedarf höher als Ihr Einkommen ist und Sie nach einer behördlichen Prüfung zu den empfangsberechtigten Personen gerechnet werden:

Sofern Ihr Einkommen im Ein-Personenhaushalt nicht mehr als 1.200 € pro Monat (mit einem Kind nicht mehr als 1.500 € pro Monat beträgt), haben Sie prinzipiell die Möglichkeit zum Aufstocken; bei Mehrpersonenhaushalten muss der Bedarf individuell bestimmt werden.

Darüber hinaus gilt: Verdienen Sie zwischen 100 und 1.000 € monatlich, bleiben 20% Ihres Einkommens anrechnungsfrei, bei 1.000 bis 1.200 beziehungsweise 1.500 € sind es noch 10%. Zusätzlich steht ihnen ein Grundfreibetrag von 100 € zur Verfügung.

Allerdings müssen Sie die anrechenbaren Posten mit berücksichtigen, die Ihre Aufstockung unter Umständen kleiner ausfallen lassen als Sie zunächst denken mögen.

Hierzu gehören: Lohn / Gehalt / Arbeitslosengeld, Unterhalt oder Kinder- beziehungsweise Elterngeld, Gewinne aus Minijobs oder selbstständigen Tätigkeiten, Steuererstattungen, Kapital- und Zinserträge, Einnahmen aus Vermietungen oder Verpachtungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Lottogewinne oder die Erwerbsunfähigkeitsrente bei befristeter EU-Rente.

Die personenbezogene Anspruchsregelung

Keinen Anspruch auf eine Aufstockung haben die Empfänger von:

  • Bafög- oder Berufsausbildungshilfe
  • Altersrente
  • Erwerbsunfähigkeitsrente bei unbefristeter oder voller EU-Rente
  • Blindengeld
  • Pflegegeld für Pflegekinder
  • oder Katastrophenhilfe sowie Ehrenabgaben aus öffentlichen Mitteln.

Ausnahmen sind zwar möglich, bedürfen aber genauen Prüfung und einer besonderen Situation.

Ansonsten können alle Arbeitnehmer, denen Hartz4 zusteht, über eine Inanspruchnahme der Leistung nachdenken.

Sind Sie empfangsberechtigt?

Zunächst müssen Sie feststellen, ob sie zu den empfangsberechtigten Personen (Angaben oben) zählen.

Sollte dies der Fall sein, gehen Sie einen Schritt weiter, indem Sie mit Hilfe einer detaillierten Rechnung über einen so genannten Hartz4- oder ALGII-Rechner Ihre konkreten Ansprüche berechnen.

Dieser berücksichtigt alle Einnahmen und Ausgaben sowie vom Einkommen absetzbare Leistungen.

Zu diesen zählen unter anderem auf das Einkommen entfallende Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und zu gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen, Arbeitsfahrtkosten und Werbungskosten (Berufsbekleidung, Fortbildungs- und Reisekosten, Fachliteratur, gegebenenfalls Beiträge für Gewerkschaften oder Berufsverbände).

Es kann jedoch auch sein, dass Sie mit einer Beantragung von Wohngeld und / oder einem Kinderzuschlag (140 € pro zuschlagverechtigtem Kind) besser fahren. Denn diese beiden Versionen können unter Umständen mehr Geld in Ihre Kasse bringen oder Sie vor den zu leistenden Abgaben bei Hartz4 bewahren. Ein genaues Rechnen und Prüfen aller Möglichkeiten lohnt sich also in jedem Fall.

Falls Sie bemerken, dass die klassische Hatz4-Aufstockung der für Sie beste Deal ist, steht einer Antragsstellung nichts mehr im Wege.

Die Antragstellung

Um einen Antrag zu stellen, gehen Sie zu Ihrem lokalen, für Sie zuständigen Jobcenter. Dieses ermittelt zunächst Ihren genauen Bedarf. Anschließend stellt es Ihr Einkommen und bestimmte Freibeträge dem vom Amt errechneten ALGII-Satz gegenüber und berechnet so die zu zahlenden Aufstockungsbeträge.

Dafür benötigt es gewisse Belege über ihr Einkommen und Ihr Vermögen. Bringen Sie zur Antragsstellung daher unbedingt die entsprechenden Kopien (beispielsweise von Kontoauszügen, Sparbüchern, Arbeitsverträgen oder Versicherungspolicen mit).

Wie lange wird die Aufstockung gezahlt?

Die Aufstockung gilt zunächst für sechs Monate, danach wird ein neuer Antrag fällig.

Sollten sich in dieser Zeit Einkommensänderungen bei Ihnen ergeben, müssen Sie diese dem Jobcenter so schnell wie möglich melden, weil Sie ansonsten unter Umständen einen Teil der Leistungen zurück zahlen müssen.
Aber kann das Jobcenter überhaupt einsehen, über wie viel Geld Sie verfügen? Ja, denn es darf seine Daten mit denen der Krankenkassen, Rententräger und in gewissem Rahmen auch Banken vergleichen und damit erkennen, ob Ihnen die geleisteten Zahlungen überhaupt zustehen.

Bildquelle: © M. Schuppich – Fotolia.com

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