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Kinder nehmen es sehr bewusst wahr, wenn sie in Armut aufwachsen. Sie leiden darunter, wenn die Schulkameraden beispielsweise vom Kinoabend erzählen, an dem sie selbst wegen Geldmangels nicht teilnehmen konnten. Doch das Schlimmste ist, dass all das die Entwicklung des Kindes entscheidend bremst.

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Hartz IV in Deutschland: Das ist der Stand der Dinge

Das unter dem Namen „Hartz IV“ bekannte Arbeitslosengeld II wurde im Jahr 2005 in Deutschland eingeführt. Schon damals war die Maßnahme ein großes Thema – heute scheint es umso dramatischer zu sein. Fast 10 Jahre später werden die Auswirkungen von Hartz IV deutlich spürbarer. Leider sind die Leidtragenden nicht nur Erwachsene, sondern wie sich gerade zeigt vor allem die Kinder.

Hier haben wir für Sie ein paar aktuelle Zahlen aufbereitet:

Die Medien berichten regelmäßig von sinkenden Arbeitslosenzahlen und immer wieder neuen Rekordtiefständen. Und trotzdem herrscht in Ostdeutschland derzeit eine Arbeitslosenquote von 12 Prozent. Damit ist mehr als jeder Zehnte arbeitslos.

Insgesamt sind heute mehr als drei Millionen Menschen auf finanzielle Unterstützung durch den Staat angewiesen. Entweder haben sie keinen Job, oder sie sind sogenannte Geringverdiener und leben am Existenzminimum.

Hier leben die meisten Hartz IV-Empfänger

Das Arbeitsamt zahlt den Menschen bis zu 399 Euro zuzüglich Miete pro Monat. Die meisten Leistungsempfänger von Hartz IV leben derzeit in den folgenden Bundesländern:

  • Nordrhein-Westfalen: 1,16 Millionen
  • Berlin: 413.000
  • Niedersachsen: 412.000
  • Baden-Württemberg: 304.000
  • Bayern: 300.000
  • Sachsen: 294.000
  • Hessen: 300.000
  • Sachsen-Anhalt: 207.000
  • Brandenburg: 184.000
  • Schleswig-Holstein: 156.000

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Hartz IV verdirbt die Kindheit

Während sich die Freunde nach er Schule vergnügen können, müssen die Kinder aus ärmlicheren Verhältnissen in der Regel kürzer treten und auf die vielen Freuden des Lebens verzichten. Wenn die Freunde am nächsten Morgen davon schwärmen, wie gut die Kinovorstellung am letzten Abend gewesen ist, wenn die Schulkameraden ein leckeres Frühstück auspacken oder sich in der Cafeteria Leckereien kaufen, dann geht das einigen Kindern, die sich dies nicht leisten können, sehr an die Substanz.

Klar, irgendwie lässt sich dieses Problem für jeden Menschen mit gesundem Menschenverstand nachvollziehen. Doch wie dramatisch ist die Situation tatsächlich ist, das zeigt nun eine Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Wie schlimm ist Hartz IV für Kinder wirklich?

Eines möchten wir schon mal vorwegnehmen: Das Ergebnis der Studie beweist eindeutig, dass sich die staatliche Unterstützung viel zu wenig am Bedarf der Kinder orientiert! Und tatsächlich liegt dort häufig der größte Bedarf! Das Ziel der staatlichen Unterstützung sei damit im weitesten Sinne verfehlt.

Die Studie führt vor Augen, wie sehr Kinder aus einkommensschwachen Familien gegenüber Kindern aus einkommensstarken Familien im Nachteil sind:

Urlaub

Laut der Studie machen 76 Prozent der Kinder aus finanziell schwachen Familien nicht einmal eine Woche Urlaub pro Jahr. Bei Kindern aus finanziell gesicherten Familien hingegen liegt die Zahl der Nichturlauber bei lediglich 21 Prozent.

Kino und Abendveranstaltungen

Auch Kino, Theater oder Konzerte sind ein beliebtes Thema unter den Heranwachsenden. Schade, dass mehr als die Hälfte armutsgefährdeter Kinder weniger als einmal pro Monat eine solche Vorstellung besuchen können.

Essengehen

Ein Drittel der Kinder kann es sich nicht leisten, einen anderen Freund einmal im Monat zum Essen einzuladen.

Internet

Etwa 14 Prozent der Kinder in Hartz IV-Haushalten haben keinen Internetzugang in der Wohnung.

Warme Kleidung

Ganze 10 Prozent besitzen nicht einmal ausreichende Winterkleidung für die kalten Monate.

Wie machen sich die Defizite in der Entwicklung bemerkbar?

Wie stark sich die Armut auf die Entwicklung der Kinder bemerkbar macht, hatte die Bertelsmann-Stiftung bereits im Frühjahr untersucht und ist dabei zu einem erschreckenden Ergebnis gelangt:

Bei Kindern aus Familien mit staatlicher Grundsicherung wurden mehr als doppelt so häufig Defizite in der Entwicklung festgestellt, wie bei Kindern aus finanziell gesicherten Familien. Kinder aus benachteiligten Familien sprechen mit fünf bis sechs Jahren wesentlich schlechteres deutsch. Sie können schlechter zählen und haben außerdem höhere Koordinationsschwierigkeiten.

Darüberhinaus ist bemerkbar, dass armutsgefährdete Kinder seltener an sozialen und kulturellen Angeboten in der Schule aber auch außerhalb der Schule teilnehmen. So erlernen beispielsweise nur 12 Prozent dieser Kinder ein Instrument, während 29 Prozent der Kinder aus einkommensgesicherten Familien ein Instrument spielen können.

Nur 30 Prozent der Kinder aus ärmlichen Familien besuchen eine Kita – hingegen besucht fast die Hälfte der finanziell gesicherten Kinder eine Kindertagesstätte. 

Nicht einmal die Hälfte der armutsgefährdeten Kinder besucht vor dem Schuleintritt einen Sportverein. Das ist äußerst bedauerlich, denn gerade ein solcher Besuch ermöglicht dem Kind schon in frühem Alter den Kontakt zu vielen anderen Kindern und das Erlernen einer interessanten Sportart.

Wie könnte man der Entwicklung des Kindes auf die Sprünge helfen?

Selbst wenn das Kind aus sozialschwachen Verhältnissen kommt, so kann eine positive Entwicklung durch die richtigen Maßnahmen gefördert werden.

Beispielsweise sollte dem Kind unbedingt sehr früh schon die Teilnahme in einem Sportverein ermöglicht werden. Auch ein Kita-Besuch ist sehr zu empfehlen, da das Kind hier viele neue interessante Impulse von Erziehern und anderen Kindern erhält, die es sonst nicht bekommen würde.

Außerdem sollten die Gruppen von Kindern immer sozial gemischt sein: Das bedeutet, dass in einer Gruppe sowohl Kinder aus finanziell schwachen als auch aus finanziell starken Familien sein sollten. Bei der Wahl eines Vereins oder einer Kita sollten die Eltern unbedingt darauf achten, dass das Verhältnis der Kinder aus finanziell armen zu finanziell schwachen Familien in einem ausgewogenen Verhältnis steht.

Viele Vereine und Kitas können dieses Kriterium bislang nicht erfüllen, da sie beispielsweise in Bezirken mit hohen Arbeitslosenquoten liegen. So gibt es in Mühlheim beispielsweise Bezirke, in denen eine Arbeitslosenquote von bis zu 50 Prozent herrscht.

Bildquelle: © altanaka – Fotolia.com

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