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Eine Gleitsichtbrille für 1.000 Euro aus dem Regelsatz bezahlen? Das Sozialgericht in Mainz urteilte über den Sachverhalt und entschied: Das Amt muss zahlen!

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Leistungsträger ist in der Pflicht

Unter dem Aktenzeichen S 16 SO 8/14 hat das Mainzer Sozialgericht im Dezember 2014 entschieden, dass eine Gleitsichtbrille von Leistungsbeziehern nicht aus dem Regelsatz zu bezahlen ist. Die Kosten für eine notwendige Sehhilfe seien vom Leistungsträger zu übernehmen.

Der Fall

Das Urteil erstritt ein damals 52-Jähriger in 2014, der seit 2007 nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) Leistungen bezog und trotz ärztlichen Attests, keine Erhöhung des Regelsatzes oder die Kostenübernahme genehmigt bekam.

Das ärztliche Attest bestätigte dem Sozialhilfeempfänger aufgrund von Myople, Anisometeropie und Presbyopie alle vier Jahre eine neue Gleitsichtbrille zu benötigen. . Für die Erstanschaffung beantragte der Mann weiterhin Beihilfe nach § 34 SGB XII – in Höhe der realen Kosten. Die Anträge wurden vom Leistungsträger abgelehnt.

Vor Gericht trug der Leistungsempfänger sein Anliegen vor und berief sich unter anderem auf die Kostenübernahme für orthopädische Schuhe nach § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII, die der Gesetzgeber eingeführt hat. Die Anschaffung einer Gleitsichtbrille sei ähnlichen Umständen geschuldet.

Das Urteil

Der Kläger konnte sein Anliegen nachvollziehbar vortragen, denn das Gericht gab dem Mann Recht und schreibt in der Urteilserklärung: „Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Versorgung mit der begehrten Gleitsichtbrille.

Dieser Anspruch ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus einer verfasssungskonformen Auslegung des § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII.“ Nach dieser Vorschrift seien Leistungen unter anderem für die „Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten gesondert“ zu zahlen.

Richtig sei, auch vom Kläger erwähnt, das Sehhilfen im genannten Paragraphen nicht explizit genannt werden. Dennoch könne man dies im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vermeidung von Unterdeckung bei erhöhten Kosten relevanter Güter für den persönlichen Bedarf – gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII – so urteilen.

Anspruchsgrundlage sei weiterhin, dass Leistungsbezieher dem gesamten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen sollen. Das schließt eine ausreichende Sehfähigkeit ein, um eine Gefährdung für sich selber und andere Menschen vermeiden zu können.

Kläger erstreitet 261,50 Euro

Der Sozialhilfeempfänger hat sich nach der Entscheidung des Sozialgerichtes eine Summe von 261,50 Euro erstritten, die zur Deckung der Kosten für die Gleitsichtbrille dienen. Sozialrechtler Harald Thomé weist darauf hin, dass das Gerichtsurteil auch analog auf die Leistungen des Arbeitslosengelds II anzuwenden seien.

Es bleibt abzuwarten, wie mit teureren Sehhilfen umgegangen wird. Nicht selten können Gleitsichtbrillen bis zu 1.000 Euro und mehr kosten, was in der Regel mit den Gläsern zusammenhängt. Denn je stärker die Sehschwäche ist, umso aufwendiger ist meist die Anfertigung der Brillengläser.

Wer eine Gleitsichtbrille benötigt, solle laut Thomé einen Antrag auf Kostenübernahme beim Amt stellen und sich in der Begründung auf die richterliche Entscheidung berufen.

Bildquelle: © bilderstoeckchen – Fotolia.com

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