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„Arbeit muss vor Armut schützen“ – dies forderte zuletzt der DGB. Damit fordern die Funktionäre in Krefeld, Remscheid und Celle mehr Engagement für Menschen, die von ihrer Arbeitskraft nicht leben können und mit Hartz IV aufstocken müssen.

Tatsächlich gibt es Deutschland derzeit mehrere Hunderttausend Personen, die dieses Problem betrifft. In den Arbeitslosenstatistiken werden sie nicht mitgezählt, obwohl sie Hartz IV beziehen. Denn schließlich haben sie ja Arbeit.

Allein in Krefeld müssen zum Beispiel etwa 5.500 Menschen aufstocken. Sie verdienen durch ihre Arbeit weniger, als ein Hartz-IV-Bezieher als Grundleistung erhält. Im Remscheid gibt es derzeit rund 2.200 solcher Aufstocker, so der DGB. Von denen hätten 864 sogar nur einen Minijob. Dass man von diesem Geld nicht leben kann, sollte klar sein.

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Der örtliche DGB-Vorsitzende, Martin Klück, bezeichnete die Minijobs als ein hohes Armutsrisiko. Besonders Frauen nach der Familienphase betreffe die Problematik. Häufig würden sich die Jobcenter nicht gut genug für die Betroffenen engagieren. Sie bräuchten vor allem berufliche Qualifizierung.

Im Landkreis Celle leben ebenfalls fast 3.000 Arbeitnehmer trotz ihrer Arbeit von Hartz IV – von denen haben 1.004 nur einen Minijob.

Der Minijob als Falle für viele Hartz-IV-Empfänger

Der Krefelder DGB-Vorsitzende Ralf Köpke äußerste sich zu der Problematik wie folgt: „Es ist untragbar, dass so viele Menschen in unserer Stadt von ihrer Arbeit nicht leben können. Ein besonderes Problem sind die Minijobs. Der Minijob ist keine Brücke in eine reguläre Beschäftigung, sondern ein Armutsrisiko.“

Laut dem Experten könnten die Minijobs den Beziehern von Hartz IV keine Möglichkeit bieten, sich weiter zu qualifizieren oder im Beruf aufzusteigen. Zudem hätten sie keinen Anspruch auf die gesetzliche Sozialversicherung.

Nun fordert er von den Jobcentern mehr Unterstützung für die Betroffenen anstatt eines erhöhten Drucks oder gar Strafen. Das bedeute vor allem, dass mehr Angebote in der aktiven Arbeitsmarktpolitik geschaffen werden müssten. Vor allem die Möglichkeiten, sich beruflich weiterzubilden.

Der DGB habe nun das Ziel, Minijobs in sozialversicherte Beschäftigungen umzuwandeln – vor allem aber auch, weil viele Menschen vermehrt in Minijobs arbeiten möchten.

Infrastruktur muss ausgebaut werden

Zudem muss die Infrastruktur besser ausgebaut werden, damit Eltern die Familie und den Beruf besser vereinen können. Viele Minijobber sind nämlich Eltern und zudem weiblich: Es sind häufig also Mütter, die einen Minijob annehmen müssen, weil sie nur wenige Stunden arbeiten können.

Zu niedrige Löhne in Europa

Im Jahr 2016 kam die Bertelsmann-Stiftung zu dem Ergebnis, dass in der gesamten EU trotz einer Vollzeitstelle das Risiko auf Armut bestehen bleibe. Dies liege vor allem an den Löhnen, die häufig zu niedrig ausfallen würden. Der Niedriglohnsektor würde wachsen und die Arbeitsmärkte sich in reguläre und atypische Formen der Beschäftigung spalten.

Atypischen Beschäftigungen in Deutschland sind unter anderem Minijobs, Praktika, Scheinselbstständige, Arbeit auf Honorarbasis, Zeitarbeit oder ehrenamtliche Arbeit an Stelle von regulärer Arbeit, aber auch verschiedene „Maßnahmen“, mit denen Jobcenter die Erwerbslosen aus der Statistik heraus tricksen.

Mit dem Mindestlohn haben die Dumpinglöhne hierzulande zwar einen kleinen Dämpfer erhalten, doch kämpft Deutschland derzeit leider mit dem Problem, den größten Niedriglohnsektor ganz Europas zu besitzen.

Köpke sieht eine Einführung des Mindestlohns insgesamt aber positiv. Denn seit es diesen gebe, würden 100.000 Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeit verwandelt worden sein.

Zahl der Aufstocker in Deutschland gesunken

Bis ins Jahr 2016 ist die Zahl der Vollbeschäftigten, die mit Hartz IV aufstocken müssen, seit dem Jahr 2009 um fast 160.000 gesunken. Sie liegt nun bei noch 180.000. Auch die Zahl der Minijobber und der aufstockenden Selbstständigen ist mittlerweile zurückgegangen.

Die Zahl der Aufstocker insgesamt, die zusätzlich zu ihrem verdienten Geld auch noch Hartz-IV-Leistungen erhalten, ist nur leicht gesunken: Im Jahr 2014 waren es 1,15 Millionen – im Jahr 2016 nur noch 1,13 Millionen.

Minijobs längst nicht nur Lückenfüller

Minijobs werden häufig als Lückenfüller gesehen, weil sie sich einfach gut in die Zwischenzeit nach der Schule, nach der Ausbildung oder vor einer Festeinstellung integrieren lassen.

Allerdings sind Minijobs längst nicht so vorteilhaft wie ihr Ruf. Denn in Wirklichkeit erweist sich ein Minijob häufig nicht als Lückenfüller, sondern wird für den Minijobber zu einer Dauerschleife. Wer von einem Minijob plus Hartz IV leben muss, ist dem System fast genauso hilflos ausgeliefert, wie eine Person, die Hartz IV bezieht und überhaupt nicht arbeitet.

Der Niedriglohnsektor in Deutschland ist groß, ebenso der Markt für geringfügige Beschäftigung. Kaum ein Arbeitgeber ist daran interessiert, die äußerst bequeme Situation durch die 450-Euro-Kräfte im eigenen Betrieb zu ändern und stattdessen teurere Vollzeitarbeitskräfte einzustellen.

Ein grundlegendes Problem

Leider gibt es ein grundlegendes politisches Problem in der ganzen Geschichte: Es scheint, als hätten die Jobcenter nicht das notwendige Interesse daran, den Arbeitslosen Jobs zu vermitteln, bei denen sie gut oder gar sehr gut verdienen können.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Jobcenter ist dafür zu sorgen, dass überhaupt (irgendwelche) Jobs an die Arbeitslosen vermittelt werden, damit die Arbeitslosenquote in Deutschland gesenkt wird. Ob die Person mit dem vermittelten Job genug Geld verdient oder damit glücklich wird ist in erster Linie nicht so wichtig.

Dabei wäre es durchaus wünschenswert, wenn die Jobcenter ihre Klienten in abgesicherte Arbeit bringen würden und gezielt erfolgsversprechende Weiterbildungen für geringfügig Beschäftigte anbieten würden.

Bildquelle: © Marco2811 – Fotolia.com

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