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Es ist absurd: Eigentlich sollten Kinder etwas Wunderbares sein. Denn nicht nur für die Eltern sind sie ein Segen, sondern auch für den Staat. Wirklich spürbar ist das allerdings nicht. Die verschiedenen Unterstützungen kommen bis heute viel zu selten bei denen an, die sie wirklich benötigen. Kinder sind damit leider ein kleines Luxusgut – wer sich den Luxus nicht leisten kann, rutscht schnell in die Armut ab…

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Viele Familien haben nicht genug Geld

Elif Genc wohnt gemeinsam mit ihren beiden Kindern in Bochum. Sie ist alleinerziehend und muss den Alltag ohne eine Partner bewältigen. Eigentlich fühlt sie sich gar nicht arm, erzählt sie: „Ich merke aber oft, dass einfach nicht genug Geld da ist.“

Elif Genc gehört zur mittlerweile großen Bevölkerungsgruppe der Single-Eltern. Aufgrund verschiedener Faktoren haben diese es besonders schwer. Während allgemein knapp 16 Prozent der Deutschen von Armut bedroht sind, trifft es bei den Alleinerziehenden ganze 44 Prozent. Diese Werte gehen aus der sogenannten Armutsgefährdungsquote des Statistischen Bundesamts hervor – sie sind damit hochoffiziell.

Blickt man auf die vergangenen Jahrzehnte zurück, so lässt sich ebenfalls erkennen, dass die Armut der Alleinerziehenden stark gestiegen ist. Gegenüber der Armutsquote aus dem Jahr 2005 stieg sie um 4,5 Prozentpunkte.

Die finanzielle Lage vieler Alleinerziehender

Die Alleinerziehende, Elif Genc, verdient ihr Geld in einem Call-Center. Dort arbeitet sie in Teilzeit. Die Arbeit ist zwar sehr hart und wirklich viel kommt auch nicht dabei herum, doch ist ihr das lieber, als Arbeitslosengeld zu beziehen. „Ich habe dadurch zwar nicht mehr Geld zur Verfügung, aber ich fühle mich besser“, erklärt sie.

Zusätzlich erhält die Mutter auch noch das Kindergeld und den Unterhaltsvorschuss. Auch hierbei werden sich sicher viele Alleinerziehenden mit der der Situation von Elif Genc identifizieren können. Den Unterhaltsvorschuss übernimmt nämlich der Staat, wenn der Vater (oder manchmal auch die Mutter) unregelmäßig oder gar keinen Unterhalt zahlt. Denn: rund 90 Prozent der Alleinerziehenden sind weiblich.

Gerne würde Elif Genc mehr arbeiten. Auch das trifft auf viele Alleinerziehende zu. Doch der Arbeitsmarkt ist für den Großteil der Alleinerziehenden weitestgehend verschlossen: Verschiedene Studien zeigen, dass sich eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind unter drei Jahren schwerer vermitteln lässt, als eine Person ohne Ausbildung oder ohne Deutschkenntnisse.

Lästige Vorurteile

Wie oft wird auf die Bezieher von Sozialleistungen herab geschimpft – sie seien faul und würden sich auf den Mühen und Anstrengungen der fleißigen Arbeitenden ausruhen. Fakt ist, dass viele Alleinerziehende Sozialleistungen beziehen müssen, da sie in ihrem Job zu wenig Geld verdienen. Überwiegend arbeiten die Mütter auf Teilzeit im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Beides Branchen, in denen man ohnehin nicht viel verdient. Hier ist das verdiente Geld oft so gering, dass es auf Hartz-IV-Niveau aufgestockt werden muss.

Was viele nicht wissen: Den Alleinerziehenden mangelt es nicht etwa an einer guten Ausbildung. Viele der Single-Eltern sind überaus gut qualifiziert. Allerdings haben sie das große Problem, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Auch Elif Genc würde am liebsten wieder in ihrem alten Job in Vollzeit arbeiten. Denn eigentlich ist sie gelernte Bürokauffrau. Als Alleinerziehende hat sie aber immer wieder Probleme, einen solchen Job zu finden: Viele Arbeitgeber denken bei ‚alleinerziehend‘ gleich an ‚unzuverlässig‘“, sagt sie. Sie musste es schon oft genug am eigenen Leibe erfahren.

Der knallharte Beweis für die Ungerechtigkeit

Irgendwann hatte sie die Nase voll von den vielen Absagen. Sie strich in ihrem Lebenslauf den Hinweis auf ihre Kinder. Und siehe da: Plötzlich bekam sie jede Menge Einladungen zu Bewerbungsgesprächen. Die nächste große Hürde wartete dann allerdings im Bewerbungsgespräch selbst auf sie: Dort musste sie sich den bohrenden Fragen der Personaler stellen. Immer wieder wurde sie mit kritischen Fragen zu ihrer Rolle als Alleinerziehende konfrontiert.

Große Angst vor der Altersarmut

Viele Alleinerziehenden haben zudem Angst vor der Zukunft. Schließlich müssen mittlerweile selbst Normalverdiener um eine ausreichende Rente bangen. Somit sind die Sorgen vieler Eltern, insbesondere der Alleinerziehenden, durchaus berechtigt.

Georg Cremer kennt sich in dem Thema aus wie kein zweiter: Er ist der Generalsekretär der Caritas und hat das Buch „Armut in Deutschland“ geschrieben. Hier erklärt er, dass der wichtigste Faktor für das Armutsrisiko die mangelnden Chancen am Arbeitsmarkt seien.

Besonders störe ihn, wie undifferenziert die Armutsdebatte in Deutschland derzeit geführt werde. „Wenn neue Zahlen veröffentlicht werden, ist der Aufschrei meist groß“, erklärt er. Damit man die Probleme allerdings lösen könne, müsse man sich intensiv mit den betroffenen Gruppen beschäftigen.

Lauf Georg Cremer ist die nun vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Armutsgefährdungsquote ein wichtiger Indikator. Allerdings werde sie auch leider falsch interpretiert. Denn die Zahl sage nur aus, wie viel Prozent der Bevölkerung von Armut bedroht sind – und nicht, ob sie tatsächlich arm sind. Damit sei die Zahl eher ein Maß für Ungleichheit.

Stattdessen schlägt er eine andere Darstellung vor: Wer weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung habe, lebe in starker relativer Armut. Bei unter 50 Prozent lebe man in relativer Armut.

Bei unter 60 Prozent sei man armutsgefährdet. Wer weniger als 70 Prozent habe, der lebe im prekären Wohlstand. Mit einer solchen Unterteilung könnte man wesentlich besser arbeiten und würde ein deutlich differenzierteres Bild der Situation erhalten. Als Orientierungspunkt solle hierbei wie zuvor vom mittleren Einkommen ausgegangen werden.

Verbesserung mehrerer Faktoren notwendig

Viele Alleinerziehende würden zwar gerne in Vollzeit arbeiten gehen, doch ist das aus verschiedenen Gründen kaum möglich. Einer der wichtigsten Gründe ist die Betreuung der Kinder. Nur selten finden Eltern die Möglichkeit, ihr Kind so in Betreuung zu geben, dass es für einen Vollzeitjob ausreicht. Gleichzeitig würde dies aber auch bedeuten, dass die Kinder einen sehr hohen Stundenanteil ohne die Eltern auskommen müssten.

Für viele Alleinerziehende ist auch das eine Sackgasse. Es hilft also nicht nur, die Bedingungen am Arbeitsmarkt zu verbessern – es müssten auch die Betreuungsangebote so ausgestaltet werden, dass Alleinerziehenden das Arbeiten in Vollzeit erleichtert wird.

Hier gibt es bereits verschiedene Ansätze. So zum Beispiel einige Arbeitgeber, die ihren Angestellten die Betreuungsmöglichkeiten auf der Arbeit anbieten. In manchen Firmen gibt es quasi eigene Kinderbetreuungsangebote.

Warum werden Kinder nicht wie ein Segen behandelt?

Kinder sind für das Fortbestehen unserer Wirtschaft und unseres Staates unverzichtbar. Vor allem auch, weil in einigen Jahren durch ihre Arbeitsleistungen das Sozialsystem getragen werden soll. Mit verschiedenen Modellen wurde in den letzten Jahren bereits versucht, das Kinderkriegen attraktiver zu gestalten. Denn die Geburtenrate sinkt schon seit langer Zeit kontinuierlich ab.

Kinder sind zu einem teuren Luxusgut geworden. Kinder sind etwas Wunderbares, doch möchte man seinem Kind schließlich auch eine wunderbare Kindheit ermöglichen. Dass das immer weniger Familien schaffen, ist eine traurige Tatsache.

Viele Eltern fühlen sich vom Staat alleingelassen. Zwar gibt es bereits jede Menge Unterstützungen, doch machen die offiziellen Zahlen deutlich, dass es nach wie vor nicht ausreicht und weiterhin viele andere Baustellen offen sind.

Bildquelle: © soupstock – Fotolia.com

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