Alleinerziehende Plötzlich so begehrt wie noch nie
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Mehr und mehr Kinder wachsen mit nur einem Elternteil auf. Es ist ein Trend, der schon seit vielen Jahren anhält und sich weiter unbeirrt fortsetzt. Zum Ärgernis vieler Alleinerziehender wurde dieser doch recht gewaltigen Volksgruppe jedoch nur wenig Beachtung, geschweige denn Unterstützung geschenkt.

Doch momentan sieht es so aus, als würden sich viele Politiker um die Gunst der Alleinerziehenden reißen. Ist das nur ein Trick, um mehr Wahlstimmen abzubekommen?

Die wichtigsten Parteien werben um Alleinerziehende

Nach Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB) lebt mittlerweile fast jedes fünfte minderjährige Kind bei nur einem Elternteil. Verglichen mit den Neunzigerjahren hat sich die Quote damit um erstaunliche 50 Prozent erhöht.

Es zeigte sich im Laufe der letzten Jahrzehnte, dass die Gruppe der alleinerziehenden Mütter und Väter immer weiter wächst. Die Anzahl der gesamten Familien in Deutschland sinkt jedoch. Kein Wunder also, dass sich die Politiker mittlerweile vermehrt um die Aufmerksamkeit der Alleinerziehenden bemühen müssen. Sie sind längst zu einer wichtigen Volksgruppe herangewachsen und deutlich wichtiger für die Wahlen, als vor einigen Jahren noch.

Besonders hoher Anteil Alleinerziehender in Ostdeutschland und Großstädten

Kaum woanders gibt es so viele Alleinerziehende wie im Osten Deutschlands oder in den Großstädten. Eindeutiger Spitzenreiter im Rennen um die dramatischste Quote ist Berlin. Hier wächst bereits jedes dritte Kind bei nur einem Elternteil auf. In Hamburg und Bremen sind es bereits 27 Prozent der Kinder.

Interessant ist auch Folgendes: Während im Westen Deutschlands überwiegend Geschiedene alleinerziehend sind, handelt es sich im Osten Deutschlands meist um Ledige, die ihre Kinder alleine aufziehen. Dies teilte das BIB mit.

Allerdings gehen Experten mittlerweile auch davon aus, dass etwa jeder dritte Alleinerziehende in Wirklichkeit einen Partner hat – ohne jedoch in einem gemeinsamen Haushalt zu leben.

Außerdem sind rund neun von zehn Alleinerziehenden Mütter. Viele der Familien leben in ärmlichen Verhältnissen, sodass es niemanden wundern sollte, dass ganze 40 Prozent der Alleinerziehenden auf Hartz IV angewiesen sind.

Besonders deutlich wird der Unterschied im Vergleich zu Familien, bei denen sich noch beide Eltern um den Nachwuchs kümmern. Hier beziehen gerade einmal 7,3 Prozent der Haushalte Hartz IV.

Und das, obwohl alleinerziehende Mütter nicht seltener arbeiten als Mütter aus Paarfamilien. Durchschnittlich arbeiten alleinerziehende Mütter zudem etwa 5 Stunden mehr pro Woche als andere Mütter.

Eindeutige Problematik

Die Zahlen machen deutlich, dass sich die Politik viel zu lange nicht um die Alleinerziehenden gekümmert hat. Möglicherweise könnte sich dies nun durch die Haltung der Opposition ändern, die sich um die Gunst der Alleinerziehenden zuletzt vermehrt zu bemühen scheint.

Doch nicht nur die Opposition von Linken und Grünen buhlt um die Alleinerziehenden. Auch die SPD propagiert mittlerweile als Antwort auf den gesellschaftlichen Wandel eine umfassende Neuordnung der Familienpolitik. Unter anderem soll in der Steuerpolitik nicht mehr die Ehe berücksichtigt werden, sondern ein verstärkter Fokus auf die Kinder gelegt werden.

Alle drei Parteien stellen derzeit auch das Ehegattensplitting in Frage. Die steuerliche Veranlagung entlastet zwar Paare, hilft jedoch niemandem, der Kinder hat und alleine ist.

Die Linke fordert daher nun sogar eine Abschaffung des Splittings. Die Sozialdemokraten stellen eine Anpassung in Aussicht, die man als „Familiensplitting“ bezeichnen könnte. Hier soll die Anzahl der Kinder für den Steuervorteil entscheidend sein – nicht das Vorhandensein einer Ehe. Möglicherweise ist dies auch eine Idee, mit der die CDU einverstanden sein könnte.

Abschaffen möchte die CDU das Ehegattensplitting zunächst nämlich nicht. Eher eine Ergänzung um eine Kinderkomponente könnte der Fall sein.

Viele Alleinerziehende haben nichts vom Steuervorteil

Steuervorteil für Alleinerziehende hin oder her – viele Alleinerziehende würden hiervon überhaupt nicht profitieren, da sie ein zu geringes Einkommen beziehen, um Steuern in entsprechendem Maße zu zahlen beziehungsweise erstattet zu bekommen. Daher fordern die Grünen die Einführung einer Steuergutschrift für Alleinerziehende. Den Geringverdienern unter den Alleinerziehenden könnte somit beispielsweise ein Teil der Sozialabgaben erlassen werden.

Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze für Alleinerziehende

Einig sind sich Linke und Grüne zumindest in dem Punkt, dass die Regelsätze für Alleinerziehende angehoben werden sollten. Hiervor würde ein nicht unerheblicher Teil der Alleinerziehende profitieren können. Allerdings würde durch eine solche Erhöhung auch automatisch der Anteil an Leistungsberechtigten größer werden.

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefordert

Damit die finanzielle Lage der Alleinerziehenden nachhaltig verbessert werden könnte, sehen viele Experten insbesondere eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Voraussetzung. Denn nur zwölf Prozent der Alleinerziehenden sind tatsächlich arbeitslos.

Viele sind dennoch auf die Leistungen aus Hartz IV angewiesen, weil das Einkommen nicht ausreicht. Ein großer Anteil der Alleinerziehenden arbeitet auf Teilzeit und bezieht zusätzlich aufstockende Hartz-IV-Leistungen.

Gerade solche Alleinerziehende würden an sich gerne mehr arbeiten, doch es fehlt die Zeit. Dass der Ausbau der Kitas vorangetrieben werden muss, ist unter den Parteien umstritten.

Bildquelle: © rock_the_stock – Fotolia.com

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