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Auch wenn man es ihnen nicht ansieht: Babys, die zu früh zur Welt kommen, sind traumatisiert und können noch viele Jahre später an der verfrühten Geburt leiden. Erst jetzt beginnen sich Forscher zunehmend mit der Problematik auseinanderzusetzen. Dabei kommen recht interessante und teilweise sogar schockierende Ergebnisse zu Tage…

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Dank fortschrittlicher Medizin: Immer mehr Frühchen schaffen es!

Noch vor wenigen Jahren hätte man keinem Frühchen, das vor der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, zugetraut, dass es am Leben bleibt. Doch mit den Jahren hat sich viel geändert. So wurde beispielsweise erst vor kurzem das jüngste Frühchen der Welt geboren. Schon nach 21 Wochen der Schwangerschaft erblickte es das Tageslicht – zum Vergleich: normalerweise kommen Babys nach 40 Wochen Schwangerschaft zur Welt.

Das verfrühte Mädchen hält mit einem Geburtsgewicht von gerade einmal 223 Gramm den Weltrekord! Heute, knapp 9 Monate nach der Geburt, ist die Kleine wohlauf und wiegt stattliche 3.000 Gramm.

Jährlich 15 Millionen Frühchen – Tendenz steigend

Immer mehr Babys kommen verfrüht zur Welt. Weltweit beträgt die Zahl der jährlichen Frühgeburten derzeit rund 15 Millionen. Allein in Deutschland ist beinahe jedes Zehnte eine Frühgeburt. Etwa 9 Prozent aller Geburten sind hierzulande nämlich verfrüht. 8.000 davon werden sogar vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren. Dank dem Fortschritt der Medizin werden die Überlebenschancen der verfrühten Babys, die manchmal nicht einmal ein Pfund wiegen, immer besser. Dennoch ist ein Überleben längst nicht alles…

Das Überleben alleine reicht oft nicht

Die Folgen einer Frühgeburt sind dramatisch. Lange Zeit hatte die Wissenschaft lediglich den Erfolg gefeiert, wenn ein Frühchen es „geschafft“ hatte. Doch leider ist dieser Zeitpunkt der Freude zu früh angesetzt: Tatsächlich ist das Überleben nämlich nur die erste große Hürde. So kann eine Frühgeburt beispielsweise eine geistige Behinderung hervorrufen. Mittlerweile schaffen es auch immerhin über 80 Prozent der Frühchen, einer geistigen Behinderung zu entgehen.

Dennoch halten die nächsten Lebensjahre des Frühchens viele weitere Hürden bereit, die erst noch gemeistert werden müssen. Denn wie gut sich ein Frühchen letztendlich entwickelt, ist nur schwer abschätzbar.

Körperliche und geistige Unterentwicklung

Nicht nur körperlich haben die Frühchen viel gegenüber den etwas „schwereren“ Kindern aufzuholen – auch in geistigen und seelischen Entwicklungsprozessen sind die Frühchen häufig etwas unterlegen. Durch eine zu frühe Geburt können wichtige Entwicklungsetappen des Gehirns nämlich nicht im sicheren und geschützten Mutterleib stattfinden, sondern passieren zwangsweise in einem Brutkasten.

Natürlich bekommt das Frühchen mit, dass sich seine Umgebung anders und „fremdartig“ anfühlt. Auch dieser Störfaktor kann dazu führen, dass das Frühchen in einer seiner wichtigsten Entwicklungsphasen gestört wird.

Den Beweis liefern Computertomographie-Aufnahmen. Sie zeigen deutliche Unterschiede zwischen Frühchen und Normalgeburten. Einige der häufigsten Entwicklungsstörungen sind unter anderem Verzögerungen, Störungen der Motorik und in der Aufmerksamkeit. Viele dieser Kinder haben spezielle Probleme im Alltag, die erst dann richtig deutlich werden, wenn das Kind in den Kindergarten oder in die Schule kommt.

Viermal häufiger Opfer von Verhaltensstörungen

Leider werden Verhaltensauffälligkeiten wesentlich seltener untersucht, als die körperlichen und kognitiven Aspekte. Erst jetzt widmet sich die Forschung auch vermehrt diesem Bereich und entwickelt Versuche und Modelle, mit denen die Verhaltensentwicklung besser beobachtet und beurteilt werden kann.

Außerdem sind die Verhaltensentwicklungen der Kinder häufig stark von ihrer eigenen Umwelt abhängig. Die Familiengeschehnisse, die das Kind über Jahre prägen, haben ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf die Verhaltensentwicklung und erschweren damit den Forschern die Erkenntnisse über Zusammenhänge zur frühen Geburt.

Dennoch kommt die Forschung immer weiter voran. Zu früh geborene Kinder sind bis zu viermal häufiger von Verhaltensauffälligkeiten betroffen. Auf das Herkunftsland kommt es dabei nicht an. Wie es scheint, sind Verhaltensauffälligkeiten also biologisch bedingt. Häufig zeigen sich beim älteren Frühchen ein geringes Selbstbewusstsein, ein erschwerter Umgang mit Gleichaltrigen oder sogar Ängste und Depressionen.

Wie wird sich ein Frühchen entwickeln?

In welchem Tempo ein Kind sich entwickeln wird, kann nie genau vorhergesagt werden. Selbst dann, wenn das Frühchen eine wunderbare körperliche Entwicklung durchmacht, kann es dennoch sein, dass es in seiner geistigen und vor allem seelischen Verfassung weit hinterher hinkt. Um dennoch die Entwicklung eines Frühchens grob einschätzen zu können, gibt es verschiedene Entwicklungsskalen, die mit Spielräumen arbeiten.

Frühchen nach 20 Jahren: Langzeitstudien liefern erstaunliche Erkenntnisse

Erst seit etwa 20 Jahren bemüht sich die Wissenschaft vermehrt darum, Erkenntnisse über die Auswirkungen einer verfrühten Geburt zu sammeln. Hier wird mithilfe verschiedener Schwerpunkte die Entwicklung von Frühchen beobachtet.

Die bekannteste Studie in diesem Bereich ist die Epicure-Studie. Diese hatte sich mit der Langzeitentwicklung von Babys beschäftigt, die 1995 in Großbritannien und Irland zu früh zur Welt kamen. Heute, nach rund 18 Jahren können von den Kindern immer noch viele für die Studie erfasst werden. So konnte man erstmals die Langzeitauswirkungen von Frühgeburten in einer aussagekräftigen Anzahl untersuchen.

Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie ist, dass bei Kindern, die vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurden, auch das Geschlecht eine Rolle für die zukünftige Entwicklung spielt.

So haben Jungs beispielsweise doppelt so häufig wie Mädchen dauerhafte Probleme. Diese Erkenntnis führen die Forscher auf die unterschiedliche zeitliche Gehirnentwicklung bei Jungs und Mädchen zurück. Zudem hatten Forscher bereits schon häufiger nachgewiesen, dass Frühchen deutlich öfter an emotionalen, sozialen und kognitiven Problemen leiden. Diese sind laut den Wissenschaftlern eine Folge von Verarbeitungsstörungen im Gehirn.

So kann man den Frühchen den Lebenskampf erleichtern

Frühchen benötigen besonders viel Fürsorge. Das gilt nicht nur in der Zeit nach der Geburt selbst, sondern ebenso in der späteren Entwicklung des Kindes. Langfristig mitentscheidend für die Entwicklung des Kindes sind nämlich auch das Einbeziehen der Eltern in die Pflege und die Versorgung. Wichtig ist, dass das Baby einen emotionalen Zugang zu seinen Eltern bekommen kann – mehr noch als bei „pünktlichen“ Geburten.

Die größten Anteil der Verantwortung tragen allerdings die Eltern. Sie sind dafür zuständig, wie das Kind aufwächst, wie es erzogen wird und ob es mit allen emotionalen Bedürfnissen befriedigt wird, die es benötigt. Durch eine fortwährende Schulung der Eltern kann sich die Kind-Eltern-Beziehung deutlich verbessern. Die Eltern haben mehr Selbstvertrauen und finden durch die professionelle Hilfe von Außen auch einen besseren Zugang zum Kind.

Bedeutender Leistungsanteil der Eltern

Eltern spielen bei der Entwicklung ihres Kindes bereits ohnehin eine wichtige Schlüsselrolle. Noch wichtiger wird die Rolle der Eltern natürlich dann, wenn es sich beim Kind um ein Frühchen handelt. Mit der richtigen Förderung und Schulung der Eltern kann ein erheblicher bedeutender zusätzlicher Beitrag zur guten Entwicklung des Kindes geleistet werden.

Dazu sagt der Bundesverband „Das frühgeborene Kind“, dass etwa 30 Prozent des Entwicklungserfolgs auf die Förderung durch die Eltern zurückgehen. Für das Kind sind Eltern nämlich die Therapeuten. Die Eltern müssen sich dieser Verantwortung bewusst sein.

Achtung: Frühchen tragen Traumata mit sich

Kinder, die zu früh auf die Welt kommen und den Anfang ihres Lebens in einem sterilen Brutkasten verbringen müssen, sind oftmals für ihr Leben durch ein tief sitzendes Trauma geschädigt. Auf den ersten Blick sieht man es den Kindern nicht an. Doch die Stressbelastung durch die Frühgeburt hinterlässt viele tiefe Narben im seelischen Zustand des Kindes.

Dabei kann nicht nur für das Kind die frühe Geburt ein Trauma nach sich ziehen, sondern auch für die Eltern. Gerade beim Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule zeigt sich oft, wie tief die ausgestandene Angst und Sorge um das Kind sitzen. Das Loslassen fällt in solchen Momenten besonders schwer.

Bildquelle: © Tobilander – Fotolia.com

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