Recht am

Ein Leben mit Behinderung ist oft nicht einfach – egal, ob man selbst betroffen ist oder sich um eine Person mit Behinderung kümmert. Neben vielen alltäglichen (räumlichen) Barrieren, die es zu überwinden gilt, herrschen für behinderte Menschen oft weitere Nachteile vor.

Um hier einen bestmöglichen Ausgleich zu schaffen und behinderte Menschen unter besonderen rechtlichen Schutz zu stellen, wurde bereits in den 1950ern ein entsprechendes Gesetz eingeführt, aus dem 20 Jahre später das Schwerbehindertengesetz entstand.

Überblick

  • Das Schwerbehindertengesetz in Deutschland
  • Zweck des Gesetzes
  • Definition einer Behinderung
  • Wann liegt eine Schwerbehinderung vor?
  • Ermittlung des Grades der Behinderung
  • Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises
  • Kündigungsschutz von Schwerbehinderten

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Das Schwerbehindertengesetz in Deutschland

Ursprünglich als Schwerbeschädigtengesetz im Jahre 1953 eingeführt, vollzog sich im Jahr 1974 ein Wandel, aus dem das Schwerbehindertengesetz entstand. Das Gesetz ist damals aufgrund veränderter Verhältnisse und einer veränderten Anschauung über die Rehabilitation und Teilhabe angepasst worden. Seitdem werden keine Unterschiede mehr hinsichtlich der Behinderungsursache gemacht.

Des Weiteren wurde das System von Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe neu geordnet. Auch der besondere Kündigungsschutz ist verstärkt worden: Jede Kündigung bedarf seit dem 1. Mai 1974 zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle (heute: Integrationsamt).

Nicht zuletzt wurde mit dem neuen Gesetz die Stellung der Vertrauensperson, die Interessen der schwerbehinderten Menschen in den Betrieben und Verwaltungen wahrnimmt, verbessert. 

Seit dem 1. Juli 2001 ist der zweite Teil des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX) die Rechtsgrundlage für Schwerbehinderte. Im SGB IX sind „Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen“ enthalten. Diese Rechtsgrundlage baut auf den gesetzlichen Regelungen aus dem Jahr 1974 auf.

Zweck des Gesetzes

Das Schwerbehindertenrecht umfasst alle rechtlichen Regeln, die die Rechtsverhältnisse von Schwerbehinderten in Deutschland betreffen und verfolgt dabei bestimmte Zwecke.

So schützt und fördert das Schwerbehindertengesetz unter anderem den Bereich der Selbstbestimmung. Das Ziel: Gesellschaftliche Zwänge sollen keinen Einfluss auf das Leben eines Schwerbehinderten nehmen dürfen.

Des Weiteren ermöglicht das Schwerbehindertengesetz den schwerbehinderten Personen eine aktive, gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen sowie beruflichen Leben.

Nicht zuletzt sollen durch das Schwerbehindertengesetz Benachteiligungen von Behinderten vermieden bzw. es soll ihnen entgegengewirkt werden.

Das Schwerbehindertengesetz wurde nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Schutz schwerbehinderter Menschen konzipiert. Daher spielt der Grad der Behinderung hier eine wichtige Rolle.

Definition einer Behinderung

Folgt man dem Gesetz, so liegt eine Behinderung dann vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit einer Person mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher die Teilhabe dieser Person am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Das Vorliegen einer Behinderung und deren Ausmaß werden als sogenannter Grad der Behinderung (GdB) auf Antrag des Betroffenen durch die zuständigen Behörden festgestellt. Der GdB kann zwischen 20 und 100 liegen und wird in Zehnerschritten – nicht in Prozent – bemessen.

Wann liegt eine Schwerbehinderung vor?

Gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX liegt eine Schwerbehinderung dann vor, wenn die körperliche, geistige oder seelische Behinderung einen Grad von wenigstens 50 hat.

Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, so wird der GdB gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX im Wege einer Gesamtschau festgesetzt. Dabei werden alle Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt, die einzeln betrachtet wenigstens einen GdB von 10 haben (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).

Ermittlung des Grades der Behinderung

Die Ermittlung des Grades der Behinderung findet nur auf Antrag durch den Betroffenen statt. In der Regel ist für die Ermittlung des GdB das zuständige Versorgungsamt verantwortlich. Die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung zur Feststellung des Grades der Behinderung ist unumgänglich. Im Anschluss an diese kann ein Versorgungsbescheid ausgestellt werden.

Da dieser Bescheid unter anderem die medizinische Diagnose enthält, ist er lediglich für den Betroffenen bestimmt und nicht zum Nachweis der Behinderung gegenüber Behörden, Arbeitgebern usw. Im zugehörigen Merkblatt ist ausdrücklich erwähnt, dass niemand das Recht hat, Einblick in diesen Bescheid zu verlangen. In der Praxis kommt es jedoch nicht selten vor, dass zum Beispiel Personalverwaltungen die Vorlage des Feststellungsbescheids verlangen. Dazu sind schwerbehinderte Menschen nach der Rechtsprechung eindeutig nicht verpflichtet.

Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises

Die zuständigen Behörden stellen gleichzeitig auch den Schwerbehindertenausweis aus. Dieser wiederum dient als Nachweis der Behinderung gegenüber Behörden, Arbeitgebern usw.

Wird gegen den Versorgungsbescheid kein Einspruch eingelegt, wird der ausgestellte Schwerbehindertenausweis als gültig angesehen. Die Befristung der Schwerbehindertenausweise ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In der Regel ist der Ausweis auf fünf Jahre befristet. Einige Bundesländer erteilen auch einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis.

Bis zur Vollendung des 9. Lebensjahres werden die Schwerbehindertenausweise ohne Lichtbild ausgestellt, ab dem 10. Lebensjahr wird die Ausstellung eines Ausweises mit Lichtbild erforderlich.

Kündigungsschutz von Schwerbehinderten

Eine besondere Bedeutung des Schwerbehindertengesetzes kommt dem Bereich des Arbeitsrechts zu. Vor allem dem Kündigungsschutz wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt: Schwerbehinderte und gleichgestellte behinderte Menschen haben bei Arbeitsverhältnissen einen besonderen Kündigungsschutz (§§ 85 bis 92 SGB IX).

Demnach kann ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung nicht einfach so kündigen. Seit dem 1. Mai 1974 bedarf jede Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Ohne die vorherige Zustimmung durch das Integrationsamt ist die Kündigung unwirksam.

Damit der besondere Kündigungsschutz greift, muss das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits länger als sechs Monate andauern. Die Kündigungsfrist beträgt dann mindestens vier Wochen (§ 86 SGB IX).

Des Weiteren muss die Schwerbehinderung oder die Gleichstellung bei Zugang der Kündigung bereits durch die zuständige Behörde festgestellt worden sein oder der entsprechende Antrag auf Anerkennung oder Gleichstellung muss bereits mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt worden sein (§ 90 Abs. 2a SGB IX). Liegt eine offensichtliche Schwerbehinderung vor, so besteht der besondere Kündigungsschutz stets.

Bildquelle: © B. Wylezich – Fotolia.com

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