Obwohl es für Leiharbeiter, ebenso wie für Künstler und Kreative, Sonderregelungen in Bezug auf das Arbeitslosegeld I gibt, rutschen viele direkt in Hartz IV. Vier von zehn Leiharbeitern sind betroffen.
Sonderreglungen bleiben wirkungslos
Der Gesetzgeber hat eigens für bestimmte Berufsgruppen Sonderregelungen eingeführt, mit denen die Hürden für den Bezug von Arbeitslosengeld I niedriger gestaltet werden. Aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit lassen jedoch darauf schließen, dass die Sonderregelungen unter anderem für Leiharbeiter nicht greifen.
Wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtet sollen rund 130.00 Leiharbeiter, die sich im letzten Jahr arbeitslos gemeldet haben, direkt in Hartz IV abgerutscht sein. Sie erhielten folglich keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Das entspricht etwa 38 Prozent aller Leiharbeitsbeschäftigten, die sich in 2016 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos melden mussten.
Schieflage im System
Etwas deutlicher wird die Schieflage im Vergleich zu weiteren Zahlen zur Beschäftigung von Leiharbeitern. Insgesamt 509.268 Arbeitslose sind in 2016 unmittelbar nach Ende ihres Arbeitsverhältnisses in Hartz IV gerutscht. Davon war jeder vierte Leiharbeiter. Dabei sind nur etwa 2,7 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland in der Leiharbeit.
Grüne fordert Reform des Systems
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, übt deutliche Kritik am System. So sei es, „dass ausgerechnet diejenigen, die am flexibelsten arbeiten, das höchste Risiko tragen, bei Arbeitslosigkeit direkt ins Hartz-IV-System zu rutschen“, so Pothmer laut „Frankfurter Rundschau“. Die Regierung müsse daher die Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld I grundlegend reformieren. Andernfalls versagt die soziale Arbeitslosenversicherung ihre Berechtigung.
Pothmer könne sich vorstellen, dass eine viermonatige Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren ausreicht, um Anspruch auf ALG I zu bekommen. Mit längeren Beschäftigungszeiten würde dann auch der ALG-I-Bezug verlängert werden.
Sonderregelung bis 2018 verlängert
Die Bundesregierung hatte in 2009 Sonderregelungen für Beschäftigte eingeführt, die vor allem von kurzen Arbeitsverhältnissen betroffen sind – etwa Leiharbeiter, aber auch Kreative und Künstler, die immer nur je Auftrag gebucht werden. Sie müssen nur sechs Monate in einer sozialversichungspflichtigen Beschäftigung innerhalb der letzten zwei Jahre vorweisen, um Anspruch auf ALG I zu haben. Diese Regelung wurde sogar bis 2018 verlängert.
Dennoch scheint sie nur wenig Wirkung zu zeigen. Den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge wurden von April 2015 bis März 2016 nur 239 Anträge auf ALG I mit der Sonderregelung bewilligt.
Leiharbeitsverhältnis dauert häufig nur 30 Tage
In der Regel muss ein Erwerbstätiger innerhalb von zwei Jahren zwölf Monate sozialversichungspflichtig beschäftigt gewesen sein, um Anspruch auf Arbeitslosengeld I anmelden zu können. Dann stehen ihm 60 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens (für Kinderlose) bzw. 67 Prozent (mit unterhaltspflichtigen Kindern) zu. Im Vergleich zu den Hartz-IV-Sätzen sind die Leistungen der Arbeitslosenversicherung natürlich deutlich höher.
Doch Leiharbeitern fällt es schwer, den Nachweis von zwölf Monaten zu liefern. Mehr als 30 Prozent der Leiharbeiter arbeiten nur 30 Tage für einen Arbeitgeber. Bei weiteren 19 Prozent endet das Leiharbeitsverhältnis nach drei Monaten.
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