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Es ist schon etwas merkwürdig, dass Familien in unserem System verhältnismäßig wenig Wertschätzung erhalten: Tatsächlich bringt jedes Kind der staatlichen Alterssicherung ein Plus von 77.000 Euro. Trotz der vielen Unterstützungen lohnt es sich nur für die Eltern nicht. Sie werden durch ein Kind zusätzlich belastet. Dabei ließe sich das Problem leicht mit den richtigen Reformen beseitigen.

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Familien gegenüber Kinderlosen deutlich im Nachteil

In der gesetzlichen Rentenversicherung sind Familien gegenüber Kinderlosen stark benachteiligt. Dies zeigte nun eine von der Bertelsmann-Stiftung veröffentliche Studie. Im Laufe seines Lebens wird ein im Jahr 2000 geborenes Kind der Deutschen Rentenversicherung durchschnittlich 77.000 Euro mehr einzahlen, als es letztendlich als Rente im Alter beziehen wird.

Wenn man dann noch berücksichtigt, wie viel Nachwuchs und damit neue Beitragszahler das Kind im Laufe seines Lebens bekommt, verdoppelt sich dieser Effekt sogar obendrein. Die erst kürzlich geplanten Rentenänderungen verändern diese Tatsache kaum.

Doch wie kommt es, dass ausgerechnet Familien die höhere Last zu tragen haben, verglichen mit Kinderlosen? Der Grund für die einseitige Belastung von Familien ist die Organisation des Rentensystems. Denn anders als bei einer privaten Altersvorsorge werden die Betragszahlungen eines Versicherten nicht angespart, sonder direkt ausgegeben.

Die Beiträge, die aktuell Monat für Monat in die Gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden, werden sofort dafür verwendet, den derzeitigen Rentnern ihre Rente zu zahlen. Dies wird auch Umlageverfahren genannt.

Eines der größten Probleme unserer Rentenversicherung

Allerdings funktioniert dieses Modell auch nur, wenn genug Nachwuchs vorhanden ist. Sollte die arbeitende Generation älter werden, ohne dass genug junger, arbeitender Nachwuchs nachkommt, gibt es ein Problem. Und genau das ist eine der größten Herausforderungen, vor denen unser Rentensystem derzeit steht.

Heutzutage werden nur noch halb so viele Babys geboren wie Anfang der 60er-Jahre. Damit ist die jüngere Generation ein Drittel kleiner als ihre Elterngeneration mit der Folge, dass die kommenden Generationen immer kleiner werden und immer mehr Rentner versorgen müssen.

Ein trauriger Trend

Es werden immer weniger Kinder geboren. Dabei ist unser System auf einen kontinuierlichen Kindernachschub angewiesen. Doch aufgrund der hohen Kosten und immerhin einer gewissen Freiheit, die man durch ein Kind aufgibt, sowie der geringen Unterstützung wollen immer weniger Paare Kinder. Bevölkerungsprognosen zufolge soll sich dieser Trend auch in den nächsten Jahrzehnten nicht wirklich ändern.

„Dieser grundlegende Systemfehler in der Konstruktion des Rentenversicherungssystems führt dazu, dass Familien – anders als kinderlose Erwerbstätige – neben ihrem finanziellen Betrag an die Rentenversicherung einen zusätzlichen Betrag durch Investitionen von Zeit und Geld in ihre Kinder leisten“ – dies erklärte der Autor Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum in der Studie.

Kinder finanzieren später Renten der Eltern und der Kinderlosen

Spult man die Zeit nur ein paar Jahre vor, so zeigt sich, wie wichtig unsere Kinder für die Rente des gesamten Landes sind: Denn später werden diese sowohl die Altersbezüge ihrer eigenen Eltern als auch die Renten der Kinderlosen finanzieren. Der Ökonom moniert, dass die Eltern selbst allerdings nicht davon profitieren, dass sie den Nachwuchs für das Rentensystem großziehen.

Denn tatsächlich verzichten die Eltern bei der Erziehung häufig auf wertvolle Beitragsjahre, die derzeit lediglich bruchstückhaft ersetzt werden. So zum Beispiel die Erziehungszeiten, die meist der Mutter bei der Rente angerechnet werden. Sie entsprechen lediglich einem Wert von 8.300 Euro. Ein Betrag, der verglichen mit den 77.000 Euro Gewinn der Rentenkasse durch das Kind, relativ gering ist.

Hinzu kommen noch weitere Nachteile. Denn die meisten Frauen unterbrechen nach der Geburt ihre Berufslaufbahn. Durch die Verkürzung fallen die Renten der Mütter dann unter dem geltenden Recht wesentlich geringer aus, als die der kinderlosen Frauen.

Eltern werden damit gleich doppelt hart für ihre Kinder benachteiligt. Und das, obwohl sie das einzig Richtige tun, was das System am Laufen hält.

Mütterrente gleicht Lücke nicht aus

Auch der Plan der Politik, die Renten der Mütter aufzustocken, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben, kann die Lücke dieser nicht einmal annähernd ausgleichen. „Unser Rentensystem benachteiligt Familien. Ausgerechnet diejenigen, die das System am Leben erhalten“, erklärt der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung Jörg Dräger.

Auch die hohen Sozialabgaben benachteiligen die Familien immens, da bei diesen Beiträgen anders als bei der Einkommenssteuer nicht berücksichtigt wird, dass Kinder die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit einschränken.

Das wiederum bedeutet, dass gerade die höhere Belastung von Familien mit Rentenversicherungsbeiträgen das Risiko erhöht, dass die Kinder in Armut aufwachsen.

Zwar gibt der Staat jedes Jahr auch mehrere Milliarden Euro für die Unterstützung der Familien durch Betreuungsgeld, Elterngeld, Kindergeld, Krippen, Schulen und andere Leistungen aus, doch stehen diese Investitionen in kleinerlei Verhältnis zu den finanziellen Einbußen der Eltern sowie dem Mehrwert, den die Kinder in ihrem eigenen Erwachsenenleben einmal erbringen werden. Sie zahlen später schließlich mehrere Jahrzehnte Steuern und leisten Sozialabgaben.

Rentensystem nicht mehr tragfähig?

Heute gibt es um die 160 verschiedene unterschiedliche Familienleistungen. Und dennoch bringt jeder einzelne Sprössling dem Staat durchschnittlich ein Plus von 50.500 Euro. Rechnet man dann auch noch die Kindeskinder und ihre Wirtschaftsleistung hinzu, so verdoppelt sich der Nettogewinn des Staates sogar auf stattliche 103.400 Euro.

Der Rentenexperte Wedding ist sich sicher, dass eine von ihm beklage Schieflage im deutschen Steuer- und Sozialsystem zum Nachteil von Familien und Kindern den Rückgang der Geburtenzahlen ebenfalls verstärkt hat.

Denn trotz jeglicher Reformen, die bisher gekommen ist, sei das Rentensystem angesichts der Alterung der Gesellschaft nicht annähernd tragfähig.

Der Finanzwissenschaftler plädierte in der Studie daher für eine radikale Reformierung: Eltern müssten entweder während der Erziehungsphase schon bei den Beiträgen deutlich mehr entlastet werden oder aber in der späteren Rente eine höhere Besserstellung genießen.

Schon in der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach deutlich gemacht, dass Familien im Sozialsystem eine starke Benachteiligung erfahren. Auch Korrekturen wurden bereits angemahnt.

Zu wenig Belohnung für die Anstrengungen der Eltern

Im sogenannten Trümmerfrauen-Urteil von 1992 sowie im Pflege-Urteil von 2001 rügten die Karlsruher Richter, dass die Pflegeversicherung sowie das Rentensystem die doppelte Leistung der Eltern nicht berücksichtigen würde. Die Leistung der Eltern müsse mehr Anerkennung erfahren. Ebenso wie ihre Beitragszahlung.

Hierauf reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung einer Anerkennung von Erziehungszeiten bei der Rente. Für Kinderlose gibt es seither einen Zuschlag von 0,25 Prozent in der Pflegeversicherung.

Allerdings werden auch diese Maßnahmen von vielen Experten nach wie vor als völlig unzureichend kritisiert.

Bildquelle: © SZ-Designs – Fotolia.com

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