Mit dem Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV hat die Bundesregierung eine Art soziales Netz geschaffen, das Hilfebedürftige auffängt, wenn es nötig ist. Hartz IV ist eine Leistung, die zur Grundsicherung des Lebensunterhalts dienen soll. Für alle Hilfebedürftige gibt es einen Regelsatz, der abhängig ist von der jeweiligen Lebenssituation. Der Regalsatz kann um einen so genannten Mehrbedarf ergänzt werden. Mehrbedarfe wurden für bestimmte Personenkreise festgelegt – zu diesen gehören auch erwerbsfähige Behinderte.
Erfahren Sie hier mehr zum Thema Hartz IV Mehrbedarf für erwerbsfähige Behinderte und was Sie hierzu wissen sollten.
✅ In diesem Artikel werden alle Fragen zu Hartz 4 beantwortet
Übersicht
- Allgemeines zum Mehrbedarf bei Hartz IV
- Mehrbedarf für erwerbsfähige Behinderte
- Sonderfall Auszubildende
- Höhe des Mehrbedarfs für erwerbsfähige Behinderte
- Erwerbsfähige Leistungsempfänger
- Voll erwerbsgeminderte Leistungsempfänger
- Leistungsempfänger, die in stationären Einrichtungen leben
- Wann liegt eine Behinderung vor?
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Allgemeines zum Mehrbedarf bei Hartz IV
Empfänger von Hartz IV Leistungen haben nicht nur Anspruch auf den jeweils maßgeblichen Regelsatz. Unter bestimmten Voraussetzungen haben bestimmte Personen zusätzlich Anspruch aufgrund von erhöhten Bedarfen. Diese so genannten Mehrbedarfe sind gesetzlich in § 21 SGB II geregelt und dienen der Abdeckung von typischerweise auftretenden Bedarfslagen, die bei der Berechnung des Regelsatzes so nicht berücksichtigt worden sind.
Der Mehrbedarf orientiert sich dabei an dem jeweils maßgeblichen Regelsatz des Leistungsempfängers. Die gewährten Mehrbedarfe dürfen in Summe den maßgeblichen Regelsatz nicht überschreiten – es findet also eine Kappung bei 100 % des jeweiligen Regelsatzes statt. Der Mehrbedarf ist keine Ermessensleistung, es besteht ein Rechtsanspruch darauf.
Anspruch auf einen Mehrbedarf bei Hartz IV haben zum Beispiel auch erwerbsfähige Behinderte. Im Folgenden haben wir Ihnen hierzu nähere Informationen zusammengestellt.
Mehrbedarf für erwerbsfähige Behinderte
Behinderte, erwerbsfähige Hilfebedürftige können den Mehrbedarf erhalten, sofern sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX, Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 bis 3 SGB XII oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes erhalten. Hierbei muss es sich um eine Maßnahme handeln, die dem Leistungsempfänger wieder den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht. Eine Bescheinigung des Rehabilitationsträgers oder eine anderen geeigneten Stelle ist für die Antragstellung unabdingbar.
Der Anspruch auf Mehrbedarf beschränkt sich nicht nur auf erwerbsfähige, behinderte Leistungsempfänger. Auch für nicht erwerbsfähige, behinderte Empfänger von Sozialgeld (Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren) kann in Ausnahmefällen dieser Zuschlag gezahlt werden.
Sonderfall Auszubildende
Behinderte Auszubildende, deren Ausbildung nach dem BAföG oder nach den Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung (§§ 60 bis 62 SGB III) förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf diesen Mehrbedarf, da sie nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen sind. Der Grund ist, dass es sich hierbei um einen ausbildungsbedingten Bedarf handelt.
Höhe des Mehrbedarfs für erwerbsfähige Behinderte
Bei der Höhe des Mehrbedarfs für erwerbsfähige Behinderte kann grundsätzlich zwischen drei Fällen unterschieden werden:
- Erwerbsfähige Leistungsempfänger
- Voll erwerbsgeminderte Leistungsempfänger
- Leistungsempfänger, die in stationären Einrichtungen leben
1. Erwerbsfähige Leistungsempfänger
Grundsätzlich gilt: Erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige erhalten einen Mehrbedarf (§ 21 Abs. 4 SGB II) in Höhe von 35 % des maßgeblichen Regelbetrages.
Voraussetzung ist allerdings, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstige Hilfen für die Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder Hilfen zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit durch einen öffentlich-rechtlichen Rehabilitationsträger gewährt werden. Dabei reicht es nicht aus, wenn behinderte Menschen lediglich grundsätzlich die Voraussetzungen erfüllen. Die Leistungen dürfen sich nicht lediglich auf Beratung und Vermittlung nach § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX beschränken.
Wird von dem aktuellen Regelbetrag nach § 20 SGB II vom 399 Euro ausgegangen, ergeben sich folgende Beträge:
- Alleinstehende: 35 % von der 100 %igen (maßgeblichen) Regelleistung – 139,65 Euro
- volljährige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft: 35 % der 90 %igen (maßgeblichen) Regelleistung – 125,68 Euro
- sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft (§ 20 Abs. 3 S. 1 SGB II): 35 % der 80 %igen (maßgeblichen) Regelleistung – 111,72 Euro
2. Für voll erwerbsgeminderte Leistungsempfänger gilt Folgendes:
Regelungen für behinderte Menschen, die nicht mindestens 3 Stunden täglich erwerbsfähig sind und Erwerbsminderungsrente erhalten, finden sich in § 30 (1) SGB XII.
Zum einen zählen hierzu Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben.
Zum anderen Personen unter 65 Jahren, die voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind und einen Schwerbehindertenausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen „G“ besitzen (eingeschränkte Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr, Gehbehinderung).
Für diese Personen beträgt der Mehrbedarf 17 % des maßgeblichen Regelbedarfs. Bei voller Leistung von 399 Euro sind das 67,83 Euro.
Behinderte Personen können nicht nur monetäre Mehrbedarfe geltend machen, auch ein Anspruch auf größeren Wohnraum besteht: Besitzer eines Behindertenausweis mit den Merkzeichen „G“ oder „aG“ können einen Mehrbedarf bis zu 15 m2 an Wohnraum geltend machen. Dieser Regelung gilt z.B. für Rollstuhlfahrer oder Benutzer eines Rollators, aber auch stark Sehbehinderte und Blinde.
3. Für Leistungsempfänger in stationären Einrichtungen gilt Folgendes:
Ist der behinderte Leistungsempfänger in einer stationären Einrichtung untergebracht, beträgt der Mehrbedarf (sog. Barbetrag oder Taschengeld) mindestens 27 % des maßgeblichen Regelbedarfs. Bei einem Regelsatz von 399 Euro beläuft sich der Mehrbedarf also auf 107,73 Euro monatlich.
Wann liegt eine Behinderung vor?
Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperlichen Funktionen, die geistigen Fähigkeiten oder der seelische Zustand des betroffenen um sechs Monate vom typischen Alter abweichen. Ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 % muss nicht nachgewiesen werden, es obliegt vielmehr dem zuständigen Jobcenter, den Grad der Behinderung von Amts wegen zu ermitteln.
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